American Football

Zitiervorschlag: Dominic Baumgartner, American Football, in: Anne Mirjam Schneuwly/Yael Nadja Strub/Mirjam Koller Trunz (Hrsg.), Sportverbandskommentar, https://sportverbandskommentar.ch/americanfootball, 1. Aufl. (publiziert am 6. Oktober 2023).

Kurzzitat: Baumgartner, Rz. xx.


Literatur

Arter Oliver/Gut Eva, Verantwortlichkeit des Veranstalters von Sportanlässen, in: Kleiner Jan/Baddeley Margareta/Arter Oliver (Hrsg.), Sportrecht, Band II, Bern 2018, S. 22 ff.; Baddeley Margareta, The extraordinary autonomy of sports bodies under Swiss law: lessons to be drawn, in: The International Sports Law Journal, vol. 20, S. 3 ff.; Brühlmann Jessica/Schnydrig Hanjo, Materiellrechtliche Aspekte der privatrechtlichen Dopingbekämpfung in der Schweiz, in: Schneuwly Anne Mirjam/Strub Yael Nadja/Koller Trunz Mirjam (Hrsg.), Sportverbandskommentar; Franke Adrian, American Football, Aachen 2015; Frei Harry, American Football – Schachspiel über 100 Yards, Magglingen: Monatszeitschrift der Eidgenössischen Sportschule Magglingen mit Jugend + Sport 1990, Heft 9, S. 3 ff.; Haas Ulrich/Strub Yael, Entwicklungen im Sportrecht, SJZ 2023, S. 147 ff.; Humbel Claude/Schneuwly Anne Mirjam, Gesellschaftsformen im Sportorganisationsrecht, in: Schneuwly Anne Mirjam/Strub Yael Nadja/ Koller Trunz Mirjam (Hrsg.), Sportverbandskommentar; Hügi Thomas, Sportrecht, Bern 2015; Scherrer Urs, in: Kren Kostkiewicz Jolanta et al. (Hrsg.), Orell Füssli Kommentar, ZGB Kommentar, 4. Aufl., Zürich 2021; Meier-Hayoz Arthur/Forstmoser Peter, Schweizerisches Gesellschaftsrecht, 12. Aufl., Bern 2018; Scherrer Urs, Probleme der Lizenzierung von Klubs im Ligasport, in: Arter Oliver/Baddeley Margareta (Hrsg.), Sport und Recht, S. 119 ff.; Scherrer Urs/Brägger Rafael, in: Geiser Thomas/Fountoulakis Christiana, Basler Kommentar, Zivilgesetzbuch I, 7. Aufl., Basel 2022; Scherrer Urs/Muresan Remus/Ludwig Kai, Sportrecht – Eine Begriffserläuterung, 3. Aufl., Zürich 2014; Steiner Marco, Verfahrensrechtliche Aspekte der privatrechtlichen Dopingbekämpfung in der Schweiz, in: Schneuwly Anne Mirjam/Strub Yael Nadja/Koller Trunz Mirjam (Hrsg.), Sportverbandskommentar; Valloni Lucien W./Pachmann Thilo, Sports Law in Switzerland, 3. Aufl., Netherlands 2018.

I. Allgemeines zum Sport (inkl. historischer Abriss)

A. Das Spiel (heutige Form)

[1]

American Football ist eine körperbetonte Kollisionssportart, die auf Natur- oder Kunstrasen ausgetragen wird, wobei zwei Mannschaften, bestehend aus je elf Spieler*innen, gegeneinander antreten sowie versuchen, Raumgewinn für die eigene Mannschaft mit Tragen oder Werfen eines Footballs zu erzielen, wobei das Spiel in vier Viertel à meist zwölf bis 15 Minuten (je nach Liga) unterteilt ist (vgl. Frei, S. 4).

[2]

Die kontrahierenden Mannschaften sind jeweils in eine offense (Angriff) und eine defense (Verteidigung) aufgeteilt und treten gegenteilig jeweils gegeneinander an (offense A gegen defense B und offense B gegen defense A).

[3]

Durch Passen oder Tragen des eiförmigen Lederballes gilt es für die offense in vier Versuchen jeweils mind. zehn Yards (entspricht 9.144 Metern) zu überwinden und ein neues first down zu erzielen und so bis in die Endzone der gegnerischen Mannschaft vorzustossen (Touchdown; sechs Punkte), wobei die insgesamt zu überwindende Feldlänge 100 Yards beträgt. Werden die jeweils zehn Yards in maximal vier Versuchen überwunden, stehen erneut vier Versuche zur Verfügung. Dabei versucht die gegnerische defense die offense am Raumgewinn zu hindern. Sollte es einer Mannschaft nicht gelingen, innert dieser vier Versuche (downs) mind. zehn Yards zu überwinden, wechselt das Angriffsrecht zur gegnerischen Mannschaft.

[4]

Nach einem Touchdown erfolgt ein PAT (Point after Touchdown; Extrapunkt) durch Kicken des Footballs zwischen die goalposts. Die angreifende Mannschaft kann sich alternativ auch für eine two-point conversion (zwei Extrapunkte) entscheiden, wobei sie mittels eines Spielzugs durch Passen oder Tragen des Footballs in die Endzone zu gelangen versuchen kann, um somit zwei Extrapunkte zu erhalten.

[5]

Es steht indessen jeder Mannschaft frei, den vierten Versuch nicht auszuspielen bzw. ein fieldgoal-Versuch zu unternehmen und den Ball von der entsprechend aktuellen Feldposition mittels Kick vom Boden durch die goalposts zu schiessen, um so drei Punkte zu erhalten. Steht die offense zu weit von den goalposts entfernt kann sie den Ball punten, d.h. es wird durch Kicken des Balles versucht, diesen möglichst weit in die Spielhälfte der gegnerischen Mannschaft zu befördern. Am Ende eines Spiels gewinnt diejenige Mannschaft, die mehr Punkte erzielt hat.

[6]

Die Regeln und Spielweise können von Liga zu Liga variieren.

B. Ursprung und Entwicklung

[7]

Der Ursprung des American Footballs geht auf den 6. November 1869 zurück, als ein Spiel zwischen den beiden Universitäten Rutgers und Princeton in New Brunswick (New Jersey) ausgetragen wurde. Die Austragung ähnelte damals noch den Regeln des Rugbys und Fussballs. Massgeblich an der Entstehung des heutigen American Footballs war Walter Camp beteiligt, der ab 1877 u.a. als Spieler an der Universität Yale, den Sport entscheidend prägte und entscheidende Regelanpassungen vorantrieb. Der Profisport American Football datiert auf den 18. November 1892 zurück, als die Allegheny Athletic Association (AAA) gegen die Pittsburg Athletic Association (PAA) antraten und William Heffelfinger der AAA mit USD 500.00 für seinen Einsatz entschädigt wurde. Der heutige American Football besteht in seinen Grundsätzen seit 1912. Seit diesem und bis zum heutigen Tag sind Vorwärtspässe erlaubt und ein Touchdown bringt sechs Punkte für die erzielende Mannschaft (vgl. zur Historie Franke, 12 ff.).

[8]

Aufgrund des stark körperbetonten Spiels in Form der tackle Variante entwickelte sich eine mit weniger Körpereinsatz verbundene Variante «Flag Football». Diese Variante des American Footballs ist der tackle Variante nachempfunden, wird jedoch grundsätzlich mit fünf gegen fünf Spieler*innen ausgetragen. Das eigentliche «tackle» wird dabei durch das Herausziehen eines von zwei, jeweils seitlich am Hüftgurt befestigten, Bändels (sog. flag) ersetzt. Somit wird ein tackle durch das Abziehen eines der beiden flags simuliert. Diese grundsätzlich kontaktlose Variante des American Footballs erfreut sich stark steigender Beliebtheit. Flag Football wurde 2023 als olympische Sportart aufgenommen und wird erstmals an den Olympischen Spielen in Los Angeles 2028 zu sehen sein.

[9]

Abgesehen von diversen Franchiseligen, welche aus einer bestimmten Anzahl Teams (Lizenznehmer der Liga) bestehen, die nebst der Liga selbst meist als Kapitalgesellschaften und gewerblich organisiert sind sowie keine Auf- und/oder Absteiger am Ende einer Spielzeit hervorbringen (geschlossene Liga), entwickelte sich American Football ebenfalls auf Verbandssportebene, wobei die International Federation of American Football (kurz IFAF) den Welt-Dachverband bildet. An die IFAF sind nationale Verbände aus allen fünf Kontinenten angeschlossen, wobei sich der Sitz des Weltverbands in Paris, Frankreich befindet.

[10]

Als frühe nationale American Football Verbände (ausserhalb der USA) können insbesondere der kanadische als auch japanische American Football Verband genannt werden, welche Ende des 19. bzw. Anfangs des 20. Jahrhunderts gegründet wurden. Bis zur Gründung des IFAF dauerte es bis 1998, als der Dachverband als internationale Vereinigung gegründet wurde und heute als Verein nach französischem Recht besteht.

[11]

In der weiteren Entwicklung des Sports und des internationalen Verbands IFAF unterwarf sich dieser 2003 dem World Anti-Doping Code. Im selben Jahr wurde die IFAF vorläufig und sodann 2005 definitiv in die Global Association of International Sports Federations (GAISF), die zentrale Dachorganisation der weltweiten Sportverbände, aufgenommen.

[12]

2012 beschloss die IFAF die Gründung der fünf kontinentalen Zonen innerhalb des Weltverbandes, welche die bis damals eigenständigen Kontinentalverbände ersetzen sollten. Da sich der Europäische Kontinentalverband (EFAF) dieser Strategie und seiner Auflösung vorerst widersetzte, erfolgte die Auflösung der EFAF erst 2014. Zwischenzeitlich wurde indessen 2013 die IFAF provisorisch vom Internationalen Olympischen Komitee (IOC), mit Sitz in Lausanne anerkannt.

C. Wichtigste Ligen

[13]

Als Ausnahme zu den meisten anderen Sportarten sind die besten Spieler*innen der Welt nicht in sportverbandsorganisierten Wettbewerben vertreten, sondern in Franchiseligen engagiert. Die wichtigste und bedeutendste Liga der Welt ist die National Football League (NFL). Die NFL ist eine Franchiseliga, worin 32 Franchise-Mannschaften, eingeteilt in die National Football Conference (NFC) und American Football Conference (AFC), gegeneinander in der regulären Saison sowie den anschliessenden Playoffs und die zwei besten Teams schliesslich im Super Bowl antreten. Die Nachwuchstalente aus den Collegeligen der USA werden jeweils im Draftsystem von den Franchises verpflichtet. Die NFL ist unabhängig und kein Mitglied des internationalen American Footballverbandes IFAF.

[14]

Die Canadian Football League (CFL) ist ebenfalls eine Franchise-Liga und besteht aus neun Mannschaften, die in eine Eastern Conference und eine Western Conference aufgeteilt sind. Der Sieger der Meisterschaft wird durch an die reguläre Saison anknüpfenden Playoffs und das abschliessende Finalspiel, den Grey Cup, ermittelt. Die CFL ist unabhängig und kein Mitglied des IFAF.

[15]

In den USA existieren neben der NFL weitere, kleinere Profiligen. Hierbei zu erwähnen sind u.a. die XFL sowie die United States Football League (USFL). Sowohl die XFL als auch die USFL sind unabhängig und kein Mitglied des IFAF. Die beiden Ligen beabsichtigen derzeit sich zusammenzuschliessen.

[16]

Neben den Franchiseligen in den USA existiert indessen auch in Europa seit 2020 eine Franchiseliga. Die European League of Football (ELF) ist derzeit die einzige, (semi-)professionelle Liga in Europa, in welcher 17 Mannschaften aus neun verschiedenen Ländern Europas gegeneinander antreten (Stand 2023). Die Mannschaften sind in drei Conferences, Western Conference, Central Conference und Easter Conference, eingeteilt.

[17]

Nebst dem von Franchise-Profi-Ligen geprägte Profibetrieb der Sportart bestehen etliche durch einen Verband verbundene Ligen, wie bspw. die Schweizer Ligen unter dem nationalen Verband sowie Ligen wie die German Football League (GFL) oder Austrian Football League (AFL) um nur wenige zu nennen. Im Weiteren existieren Pokalwettbewerbe wie bspw. die Central European Football League (CEFL).

II. Organisation des Verbandes

A. Der Schweizerische American Football Verband

[18]

Der Schweizerische American Football Verband (SAFV) wurde am 26. Dezember 1982 als Swiss Football League in Lugano gegründet (hierzu auch Frei, S.4). Nach der Gründung des Verbandes konnte die erste Schweizer Meisterschaft im Jahre 1986 mit acht Teams ausgetragen werden mit dem ersten Finalspiel (Swiss Bowl) vom 29. Juni 1986, welches von den Lugano Seagulls mit neun zu sechs gegen die Zurich Renegades, welche bis heute Verbandsmitglieder sind, gewonnen wurde.

[19]

Ab dem Jahre 1987 lautete der Verbandsname bis heute Schweizerischer American Football Verband bzw. wird seit dem Jahre 2023 als Brand Swiss American Football geführt. Der SAFV vereinigt unter seinem Dach grundsätzlich zwei Sportarten, nämlich Flag Football sowie die ursprüngliche American (Tackle) Football Variante.

[20]

Ein für die Entwicklung des SAFV wichtiger Meilenstein wurde 1989 erreicht, als der Verband von Swiss Olympic aufgenommen wurde, wovon er bis heute Mitglied ist. Im Zuge der Entwicklung des nationalen Verbands trat der SAFV 2003 dem damaligen EFAF sowie dem IFAF bei und ist bis heute Mitglied des IFAF.

[21]

Im Jahre 2020 wurde der Verband restrukturiert und dahingehend professionalisiert, als dass ab Januar 2021 erstmals eine professionelle Geschäftsstelle geschaffen und damit die strategische und operative Ebene des Verbands getrennt wurden.

[22]

Seit 2021 ist der Verband offiziell als neue J+S-Sportart des gleichnamigen nationalen, hauptsächlich von Bund und Kantonen finanzierten Förderwerks, aufgenommen.

B. Allgemeine Verbandstruktur und Anschluss an Dachverband

[23]

Der SAFV ist als schweizerischer Verein gemäss Art. 60 ff. ZGB mit Sitz in Zürich konstituiert und gemäss seinen Statuten organisiert und folgt damit dem Beispiel vieler anderer nationalen und internationalen Sportverbände (vgl. Arter/Gut, Rz. 2.3; Baddeley, S. 4 ff.; Humbel/Schneuwly, Rz. 22 ff.).

[24]

Der Verband ist politisch und konfessionell neutral und bezweckt die Sportart American Football in der Schweiz zu organisieren und zu fördern, wobei insbesondere folgende Tätigkeiten miterfasst sind:

  • die Organisation von Wettkämpfen für seine Mitgliedclubs,
  • der Aufbau von Auswahlmannschaften,
  • die Vertretung der Interessen des American Footballs in der Öffentlichkeit sowie gegenüber staatlichen und nichtstaatlichen Organisationen,
  • die Unterstützung seiner Mitgliedclubs, namentlich in Fragen der Organisation, der Sportmedizin, der Teilnahme an internationalen Wettkämpfen, der Schulung der Funktionäre und der sozialen Sicherstellung vollamtlicher Mitarbeiter,
  • die Förderung von Sportethik, namentlich sportlicher Gesinnung, zweckgerichtete Werbung sowie Bekämpfung von Unsportlichkeiten und Doping,
  • die Vermittlung und Beilegung von Differenzen zwischen seinen Mitgliedclubs (vgl. zum Ganzen Art. 2 Statuten).

[25]

Damit verfolgt der Verband im Vereinssinne keinen wirtschaftlichen Zweck bzw. widmet sich lediglich nicht wirtschaftlichen Aufgaben und erfüllt damit die Voraussetzung von Art. 60 Abs. 1 ZGB (vgl. hierzu BSK ZGB I-Scherrer/Brägger, Art. 60 N 1 ff.; Scherrer/Muresan/Ludwig, S. 177; Baddeley, S. 4). Der SAFV ist nicht im Handelsregister eingetragen (Stand 2023). Ob eine Eintragung im Handelsregister aufgrund der Voraussetzung der Führung eines nach kaufmännischer Art geführten Gewerbes notwendig ist, wäre infolge der erfolgten Umstrukturierung und der Einführung von bezahlten Stellen zu prüfen.

[26]

Im Weiteren ist der SAFV gemäss Art. 2a Statuten der Ethik Charta von Swiss Olympic sowie dem Ethik-Statut des Schweizer Sports, welches als Teil eines Massnahmepakets zur Sanktionierung bestimmter ethischer Verstösse auf nationaler Ebene von Swiss Olympic erlassen wurde und den Model Rules for prevention of the Manipulation of Competition der IFAF unterstellt (vgl. zur Errichtung des Ethikstatuts auch Haas/Strub, S. 147).

[27]

Als Mitglied (full member) von IFAF ist der SAFV dem Weltverband unterstellt. Dadurch untersteht der SAFV den entsprechenden Regelungen der IFAF und hat die in den Statuten der IFAF definierten Rechte und Pflichten inne. Die Statuten der IFAF sehen indessen vor, dass lediglich ein Mitglied pro Staat zugelassen wird (Art. 3.1.1 IFAF Statutes). Damit folgt die IFAF dem Ein-Verbands-Prinzip oder Ein-Platz-Prinzip und ist mit dem SAFV somit Teil des typischen Pyramidensystems in Bezug auf die Organisation der Sportarten bzw. Sportorganisationen (vgl. hierzu Valloni/Pachmann, Rz. 19 ff.; Scherrer/Muresan/Ludwig, S. 92, 117, 125; Hügi, §8 N 17 ff.).

C. Mitgliedschaft

[28]

Die Mitglieder des SAFV (beider Kategorien) müssen die Rechtsform eines Vereins schweizerischen oder ausländischen Rechts aufweisen (Art. 5 Abs. 2 lit. a Statuten). Damit sind natürliche Personen sowie Kapitalgesellschaften als Mitglieder ausgeschlossen. Sie müssen weiter ihren Sitz in der Schweiz oder einem Nachbarland haben und bei einem Sitz ausserhalb der Schweiz ein Zustelldomizil in der Schweiz bezeichnen (Art. 5 Abs. 2 lit. b und c Statuten). Als Vereinszweck muss ausdrücklich die Ermöglichung der Ausübung des American Footballs für ihre Aktivmitglieder ausgewiesen sein (Art. 5 Abs. 2 lit. d Statuten).

[29]

Der SAFV führt zwei verschiedene Mitgliedschaftskategorien, nämlich Vollmitglieder und assoziierte Mitglieder (Art. 5 Abs. 1 Statuten). Grundsätzlich haben die assoziierten Mitglieder die gleichen Rechte und Pflichten wie die Vollmitglieder, wobei sie jedoch nicht an der Schweizer Meisterschaft teilnehmen können (Art. 6c Statuten). Die assoziierten Mitglieder sind indessen nicht Teil der Delegiertenversammlung (Vereinsversammlung) bzw. können lediglich als Beobachter daran teilnehmen und verfügen über lediglich beratende Stimme (Art. 13 Abs. 1 Statuten).

[30]

Dem Vorstand ist es durch Erlass einer Verordnung erlaubt, zusätzliche bzw. weiterführende Voraussetzungen für den Erwerb einer Mitgliedschaft zu schaffen (Art. 5 Abs. 3 Statuten). Stand 2023 hat der Vorstand hiervon bisweilen kein Gebrauch gemacht, weshalb derzeit die vorgenannten Voraussetzungen als abschliessend bezeichnet werden können.

D. Organe

[31]

Der Verband setzt diverse Organe ein, die unterschiedlich bestellt bzw. gewählt werden. Sämtliche gewählten Organe werden für die Amtsdauer von einem Jahr gewählt, wobei die Wiederwahl zulässig ist (vgl. Art. 9 Statuten). Durch die Statuten könnten auch weitere Vereinsorgane vorgesehen werden.

1. Delegiertenversammlung

[32]

Oberstes Organ des Verbands ist die Vereinsversammlung, welche als Delegiertenversammlung bezeichnet wird (Art. 9 i.V.m. Art. 12 ff. Statuten) und sich gemäss Art. 13 Statuten aus je einem Delegierten eines jeden Vollmitglieds zusammensetzt.

[33]

Die Kompetenzen der Delegiertenversammlung sind dabei im Grundsatz an die in Art. 65 ZGB vorgesehenen Aufgaben angelehnt und beinhalten folgende Zuständigkeiten (vgl. Art. 12 Abs. 1 Statuten):

  • Genehmigung der Jahresrechnung und des Budgets,
  • die Wahl des Vorstandes, des Legal Counsels, des Verbandsgerichts und der Revisionsstelle,
  • die Entlastung des Vorstandes,
  • die Aufnahme und den Ausschluss von Mitgliedern,
  • die Ernennung von Ehrenmitgliedern,
  • den Erlass und die Revision der Reglemente,
  • die Revision der Statuten,
  • die Auflösung des SAFV.

[34]

Durch die von der Delegiertenversammlung erlassenen Reglemente können der Delegiertenversammlung zudem weitere Geschäfte zugewiesen werden (Art. 12 Abs. 2 Statuten). Über die Reglemente werden indessen bspw. die Mitgliederbeiträge und Lizenzgebühren durch das Reglement über finanzielle Leistungen (vgl. Art. 3 und Art. 4 ff. Reglement über finanzielle Leistungen) von der Delegiertenversammlung festgelegt.

[35]

Die ordentliche Delegiertenversammlung findet auf entsprechende Einladung jeweils innert 45 Tagen nach Ende des Geschäftsjahres (31. Oktober) statt. Ausserordentliche Delegiertenversammlungen können zusätzlich durch den Vorstand einberufen werden, wenn es die Geschäfte erfordern. Ebenso beruft der Vorstand eine ausserordentliche Delegiertenversammlung ein, wenn ein Fünftel der Vollmitglieder, ein Fünftel aller Mitglieder oder die Revisionsstelle dies schriftlich unter Angabe der Traktanden verlangt. Die Revisionsstelle ist notfalls gar selbst berechtigt, selbstständig eine ausserordentliche Delegiertenversammlung einzuberufen (vgl. zum Ganzen Art. 15 Statuten).

[36]

In der Delegiertenversammlung kommt den Delegierten das Stimm- und Wahlrecht anhand von den vom jeweiligen Mitglied gelösten Lizenzen gemäss Stand per 31. Oktober zu (vgl. Art. 14 Statuten). Dabei wird ausdrücklich vom gesetzlich vorgesehenen Einstimmprinzip abgewichen und dieses durch das Abhängigmachen von gelösten Lizenzen durchbrochen (vgl. hierzu Meier-Hayoz/Forstmoser, §20 N 36; OFK ZGB-Scherrer, Art. 67 N 2).

2. Vorstand

[37]

Der Vorstand wird als oberstes, ausführendes Organ bezeichnet (Art. 17 Abs. 1 Statuten). Er besteht aus sechs Personen, wobei die Anzahl durch die Statuten ausdrücklich und entgegen der häufig anzutreffenden Bestimmungen eines Minimal- oder Maximalbestands, statutarisch festgelegt ist (Art. 18 Abs. 1 Statuten). Es besteht insofern eine Einschränkung der Wählbarkeit des Präsidenten, als dass dieser kein Aktivmitglied eines Verbandsmitglieds sein, keinem Vorstand eines selbigen angehören und auch sonst keine Funktion bei einem Verbandsmitglied wahrnehmen darf (Art. 18 Abs. 1 Statuten). Diese Bestimmung wurde zum Schutz der Teams und u.a. zur Sicherstellung der Unabhängigkeit der Verbandsführung eingeführt.

[38]

Die Gefahr eines Organisationsmangels bspw. infolge eines Rücktritts eines Vorstandsmitglieds und des damit statutarisch unterbesetzten Vorstands, wird durch Art. 18 Abs. 3 Statuten abgefedert, indem erst bei einer Anzahl unter vier Personen eine Delegiertenversammlung zur Behebung der Unterbesetzung einzuberufen ist. Somit ist das faktische Minimum der Anzahl Personen des Vorstands auf vier Personen festgelegt. Bei entsprechenden Vakanzen und ohne Unterschreitung der Minimalanzahl von vier Personen entscheidet der Vorstand indessen selbst, ob er eine ausserordentliche Delegiertenversammlung einberuft, die Aufgaben auf die verbleibenden Personen verteilt oder im Sinne einer Kooptation eine Person bis zur nächsten Delegiertenversammlung einsetzt (vgl. Art. 18 Abs. 3 Statuten). Die Kooptation stellt hierbei eine zulässige Abweichung vom Grundsatz der Wahl der Vorstandsmitglieder durch die Delegiertenversammlung dar, womit die Gefahr eines Organisationsmangels nochmals stark reduziert wird (vgl. BSK ZGB I-Scherrer/Brägger, Art. 60 N 1; Hügi, §8 N 69; Meier-Hayoz/Forstmoser, §20 N 45).

[39]

Der Präsident wird direkt durch die Delegiertenversammlung bestimmt. Im Übrigen konstituiert sich der Vorstand selbst (Art. 18 Abs. 2 Statuten). Dem Vorstand werden folgende Zuständigkeiten zugeschrieben (Art. 17 Abs. 2 Statuten):

  • die Ausarbeitung der Strategie und der langfristigen Planungsziele des SAFV,
  • die Vertretung des SAFV nach Aussen,
  • die Wahl der Kommissionen und Beauftragten, sowie die Einsetzung der Geschäftsstelle und deren Überwachung und Kontrolle,
  • der Erlass von Verordnungen zu den Reglementen,
  • alle Geschäfte, welche Statuten oder Reglemente nicht ausdrücklich einem anderen Organ zuweisen.

[40]

Hierbei ist zu bemerken, dass der SAFV insbesondere bezüglich Auffangkompetenz der Delegiertenversammlung gemäss Art. 65 Abs. 1 ZGB, wonach der Vereinsversammlung alle Entscheidungen in Angelegenheiten, welche nicht anderen Organen des Vereins übertragen sind, zukommen, ausdrücklich davon abweicht und diese dem Vorstand in zulässiger Abkehr des dispositiven Gesetzesrecht zugesteht (BSK-ZGB I-Scherrer/Brägger, Art. 65 ZGB N 4). Unbenommen davon ist die Organtätigkeit stets in den rechtlichen Schranken auszuüben (BSK-ZGB I-Scherrer/Brägger, Art. 69 N 17; BGE 121 III 350 E. 6b [betr. Art. 2 ZGB]).

[41]

Ebenso wird dem Vorstand durch die Gewährung der Möglichkeit des Erlasses von Verordnungen zu den Reglementen (vgl. Art. 17 Abs. 2 lit. d Statuten) die Kompetenz zugestanden, Detailregelungen zu erlassen, wobei diese hierarchiebedingt den Reglementen nicht widersprechen dürfen und somit lediglich Ausführungsbestimmungen darstellen. Es sei denn, das entsprechende Reglement oder die Statuten sehen etwas anderes vor (bspw. Art. 5 Statuten betreffend Voraussetzungen für die Mitgliedschaft; Art. 3 Spielreglement Flag Football betreffend Abweichungen von Spielregeln der IFAF).

3. Kommissionen

[42]

Statutarisch sind vom Vorstand eingesetzte Kommissionen vorgesehen, nämlich die Technische Kommission, welche für das Regelwerk, die Ahndung von Verstössen gegen das Regelwerk (insbesondere Disziplinarverfahren und Spielwertungen) sowie das Lizenzwesen zuständig ist, die Spielplankommission, welche um die Erstellung und Änderung der Spielpläne, die Durchführung von Freundschaftsspielen und Playoffs, sowie das Reporting der Spielergebnisse und die Führung der Statistik besorgt ist, sowie die Schiedsrichterkommission, welche für die Ausbildung und Einteilung der Schiedsrichter*innen verantwortlich ist (Art. 23 Statuten). Dem Vorstand steht indessen die Kompetenz zu, weitere Kommissionen einzusetzen (Art. 23a Statuten). Von der vorgenannten Kompetenz hat der Vorstand 2023 Gebrauch gemacht und eine Finanzkommission zwecks erweiterter Erarbeitung eines Jahresbudgets eingesetzt.

[43]

Im Weiteren ist zu bemerken, dass die Technische Kommission in faktisch zwei Kommissionen, nämlich die Technische Kommission Tackle Football und die Technische Kommission Flag Football aufgeteilt ist, welche jeweilig je nach betroffener Sportart zuständig sind und ihre Aufgaben diesbezüglich wahrnehmen. Dies ist in den Statuten nicht derart abgebildet, wird aber entsprechend praktiziert und kann als Verbandsübung betrachtet werden. Die jeweilige Technische Kommission ist indessen zuständig für die Wertung von Meisterschaftsspielen unter Vorbehalt der Anfechtung mit Beschwerde ans Verbandsgericht (Art. 23 Spielreglement Tackle Football; Art. 21 Spielreglement Flag Football).

4. Verbandsgericht

[44]

Der SAFV sieht als verbandsinternes, unabhängiges Rechtspflegeorgan ein Verbandsgericht vor (Art. 24 f. Statuten i.V.m. Art. 17 ff. Rechtspflegereglement). Es besteht aus drei bis fünf Personen, die aus Gründen der Unabhängigkeit keinem anderen Organ des SAFV und keinem Vorstand eines Mitglieds des Verbands angehören dürfen. Die Mitglieder des Verbandsgerichts werden durch die Delegiertenversammlung gewählt, wobei der Präsident und der Vizepräsident direkt durch dieselbe bestimmt werden.

[45]

Der Präsident muss als zwingende Voraussetzung über einen juristischen Universitätsabschluss verfügen. Die übrigen Mitglieder des Verbandsgerichts sollen indessen möglichst ebenfalls über eine juristische Ausbildung, vorzugsweise ebenfalls über einen entsprechenden Universitätsabschluss verfügen. Das Verbandsgericht ist damit im Grundsatz kein Laiengericht, sondern verfügt über juristischen Sachverstand.

[46]

Das Verbandsgericht ist als Rechtsmittelinstanz zuständig für die Beurteilung rechtsmittelfähiger Entscheide des Vorstands, der Geschäftsstelle, der Kommissionen und der Beauftragten (Art. 24 Abs. 2 Statuten). Bei entsprechend zugewiesener Kompetenz im Zusammenhang mit Protesten und Disziplinarverfahren entscheidet indessen das Verbandsgericht als erstinstanzliches Gericht. Eine Solche ist jedoch Stand 2023 aus den Regularien des Verbands nicht ersichtlich.

[47]

Erstinstanzliche Entscheide des Verbandsgerichts sowie Entscheide des Verbandsgerichts als Rechtsmittelinstanz können mittels Appellation bei einem Einzelschiedsrichter des Court of Arbitration for Sports (CAS) angefochten werden (Art. 24 Abs. 3 Statuten).

5. Revisionsstelle

[48]

Der Verband verfügt aufgrund statutarischer Bestimmung (Art. 9 Abs. 1 lit. e i.V.m. Art. 26 f. Statuten) über eine Revisionsstelle, welcher die Prüfung der Buchhaltung obliegt. Die Revisionsstelle muss dabei durch eine Treuhandgesellschaft besetzt werden.

6. Beauftragte

[49]

Bei den durch den Vorstand eingesetzten Beauftragen handelt es sich um Personen, die bisweilen ehrenamtlich für bestimmte Aufgaben eingesetzt werden. Der SAFV kennt die vorgesehenen beauftragten Personen, mit entsprechenden Kompetenzen (vgl. Art. 28 Statuten):

  • Frauen-Beauftragte
  • Ethik-Beauftragte
  • Doping-Beauftragte
  • Datenschutz-Beauftragte
  • Medical-Beauftragte.

[50]

Der Vorstand ist indessen befugt, weitere Beauftragte einzusetzen (vgl. Art. 28 Abs. 2 Statuten), soweit dies nötig ist. Hiervon wurde Gebrauch gemacht und per 2023 eine beauftragte Person für die Romandie eingesetzt.

7. Geschäftsstelle

[51]

Für das operative Tagesgeschäft wurde im Zuge der Neustrukturierung im Jahre 2020 eine Geschäftsstelle geschaffen, die seit 2021 aktiv ist und per 2023 neu strukturiert wurde. Sie untersteht direkt dem Vorstand und wird von diesem eingesetzt (Art. 29 Abs. 2 Statuten).

[52]

Die Geschäftsstelle besteht aus einer geschäftsführenden Person, Chef*in Leistungssport, Chef*in Ausbildung und Chef*in Schiedsrichter (Art. 29 Abs. 1 Statuten). Die entsprechenden Personen sind in einem Arbeitsverhältnis angestellt und werden entsprechend entschädigt (Art. 29 Abs. 2 Statuten). Der geschäftsführenden Person kommt indessen beratende Stimme an Vorstandssitzungen zu (Art. 30 Abs. 3 Statuten).

[53]

Aufgrund der ersten Erfahrungen aus den ersten beiden Jahren ihrer Tätigkeit und infolge von Budgetberatungen sowie der Einsetzung einer Finanzkommission durch den Vorstand per 2023 wurde die Geschäftsstelle 2023 neu strukturiert. Faktisch besteht die Geschäftsstelle seit 2023 aus dem Verbandssekretariat, Head of Player Development Flag Football, Leitung Nachwuchs, Leitung Schiedsrichter, Leitung Breitensport Flag Football, Leitung Breitensport Tackle Football, Head of Player Development Tackle Football.

8. Legal Counsel

[54]

Atypisch für Sportverbände in der Schweiz verfügt der SAFV über einen statutarisch vorgesehenen und durch die Delegiertenversammlung gewählten Legal Counsel, welcher für die Beratung der Organe des Verbandes in rechtlichen Angelegenheiten zuständig ist. Das Amt muss durch einen Juristen besetzt werden. Der Person, die das Organ des Legal Counsels bekleidet, kommt beratende Stimme in Vorstandssitzungen zu (Art. 31 i.V.m. Art. 32 Statuten).

[55]

Im Weiteren fällt das Redigieren der Reglemente, Verordnungen und Beschlüsse des Verbandes, sowie die Instruktion der Disziplinar- und Protestverfahren sowie das Redigieren sämtlicher Entscheide der Verbandsorgane und die Vertretung des Verbandes vor dem CAS in dessen Aufgabenbereich (Art. 32 Abs. 3 Statuten).

III. Regelungen für den Hobbysport

[56]

In der Schweiz ist der American Football Sport unter dem SAFV in die Disziplinen Tackle Football und Flag Football aufgeteilt und beide grundsätzlich als Hobbysport ausgestaltet. Dies bedeutet, dass die meisten Spieler*innen den Sport in ihrer Freizeit, organisiert in Vereinen, betreiben, ohne hierfür eine Entschädigung zu erhalten.

[57]

Ausnahmen sind in den oberen Ligen des Schweizer Tackle Footballs zu finden, wo insbesondere Importspieler*innen von Teams verpflichtet und beim Verein angestellt werden bzw. ein Entgelt erhalten. Aufgrund der Tatsache, dass sich der American Football in Europa rasant entwickelt, könnte sich diese Situation in den kommenden Jahren, insbesondere auch im Zusammenhang mit der noch jungen European League of Football (ELF) ändern, in welcher 2023 erstmalig ein verbandsunabhängiges, Schweizer Team (Helvetic Guards) teilnahm.

[58]

In den Regularien des SAFV findet sich grundsätzlich keine Unterteilung in Profi-/Semipro-/Hobbysportregelungen. Lediglich bezüglich ausländischer Spieler*innen bestehen aufgrund des oft höheren Leistungsniveaus für Tackle Football Beschränkungen, was die Anzahl solcher Spieler pro Spielzug auf dem Feld anbelangt. Als Ausländer werden Spieler*innen bezeichnet, die nicht Staatsbürger*innen der Schweiz oder eines Mitgliedstaates der EU/EFTA Staaten sind. Als Ausnahme hiervon gelten Spieler*innen entsprechender Nationalitäten, die seit mindestens drei Jahren eine Juniorenlizenz besitzen und während diesem Zeitraum am Meisterschaftsbetrieb teilgenommen haben. Ebenso nicht als Ausländer gelten Spieler*innen, die eine Niederlassungsbewilligung B oder C für die Schweiz, eine Rot-Weiss-Rot Bewilligung für Österreich oder eine vergleichbare Aufenthaltsbewilligung für einen der genannten EU-Mitgliedstaaten oder der EU assoziierten Staaten besitzen und nachweislich mindestens fünf Jahre ununterbrochen in einem dieser Länder gelebt haben. Zwar ist die Anzahl an ausländischen Spielern für ein Team nicht beschränkt, jedoch darf an einem Spielzug jeweils nur ein Ausländer gemäss vorstehender Definition auf dem Platz stehen. Mit dieser historisch bedingten Regelung möchte man einen ausgeglichenen Wettbewerb sichern, ohne dass finanzielle Mittel über eine Meisterschaft entscheiden können.

[59]

Sonstige Unterscheidungen in den Regelungen bestehen einzig für die Ausübung von Flag Football, Tackle Football und für Junioren (Flag Football und Tackle Football). Es bestehen diesbezüglich insbesondere Unterschiede im Bereich der Feldgrössen sowie Anzahl Spieler*innen auf dem Feld.

[60]

Durch die Vereinigung zweier Disziplinen unter dem SAFV existieren in der Folge ein Spielreglement Tackle Football und ein Spielreglement Flag Football, welche in sich selbst die entsprechenden Regeln für ihre Disziplin wiedergeben.

A. Spezifische Regelungen Tackle Football

[61]

Grundsätzlich ist die Teilnahme am unter dem Verband organisierten Tackle Football Sport ab Kategorie U16 möglich. Um in der Kategorie U16 für Tackle Football spielberechtigt zu sein, ist aus Sicherheitsgründen ein Mindestalter von 13 Jahren vorgesehen (Art. 43 Abs. 2 Spielreglement Tackle Football). In dieser Kategorie sind indessen geschlechtlich gemischte Teams zulässig, wobei Spielerinnen maximal das 17. Altersjahr zurückgelegt haben dürfen (Art. 43 Abs. 2 Spielreglement Tackle Football). Die U16 Kategorie wird indessen als 9-Man-Football-Variante gespielt (Art. 46a Spielreglement Tackle Football).

[62]

Die nächste Altersstufe im Tackle Football bildet die Kategorie U19, welche zusammen mit der Kategorie U16 die Juniorenstufe darstellen.

[63]

Von den Regelungen bezüglich des Erwachsenen Tackle Footballs abweichenden Regelungen sind nebst Altersbeschränkungen die aufgrund der körperlichen Anstrengung eingeführte Regelung der Einsatzbeschränkung bezüglich zweier Wettspiele innerhalb von 48 Stunden, sowie die Aufteilung der U19 Kategorie in unabhängige Ligen, bzw. die Elite Liga und die Challenge Liga zu erwähnen. Insbesondere die Unterteilung der U19 Kategorie in die vorgenannten Ligen verfolgen das Ziel, unerfahrenen Junioren und Teams die Möglichkeit eines nachhaltigen Aufbaus einer Juniorenabteilung zu gewähren. Die Elite Liga bildet indessen eine Art Leistungsliga. Die U19 Challenge Liga wird als 9-Man Football Variante ausgetragen, die Elite Liga als übliche 11-Man Football Variante. Faktisch handelt es sich bei den beiden U19 Ligen um sinngemässe Franchiseligen (jedoch nicht gewerblich orientiert), weshalb es grundsätzlich keine Relegationsspiele gibt.

[64]

Gespielt wird in der Schweiz im Grundsatz nach den Regeln der National Collegiate Athletic Association (NCAA) mit Sitz in Indianapolis, Indiana, USA in der jeweils am 1. Januar des jeweiligen Jahres gültigen Fassung (Art. 3 Abs. 1 Spielreglement Tackle Football). Die Technische Kommission Tackle Football ist jedoch befugt, auf die Schweiz angepasste Änderungen dazu bis zum 15. Januar des jeweiligen Jahres festzulegen (Art. 3 Abs. 2 Spielreglement Tackle Football). Die entsprechenden Änderungen werden im Anhang zum Spielreglement Tackle Football aufgeführt (Anhang Spielreglement Tackle Football). Ebenso ist die Technische Kommission ermächtigt, Änderungen zu den Spielregeln für 9-Man Football festzulegen (Art. 3 Abs. 3 Spielreglement Tackle Football).

[65]

Auf Erwachsenenstufe bestehen derzeit (Stand 2023) die Nationalliga A («NLA»), die Liga B und die Liga C.

B. Spezifische Regelungen Flag Football

[66]

Die Disziplin Flag Football kann unter der Verbandsorganisation ab der Kategorie U13 betrieben werden. Das Mindestalter, um am verbandsorganisierten Flag Football Betrieb teilnehmen zu können, beträgt acht Jahre (Art. 6 Abs. 1 lit. a Spielverordnung Flag Football).

[67]

Die nächste Altersstufe bildet die Kategorie U16, gefolgt von der National Flag Football League (NFFL), welche die Erwachsenenliga bezeichnet und ein Mindestalter von 17 Jahren voraussetzt (Art. 6 Abs. 1 lit. c Spielverordnung Flag Football). Sämtliche Flag Football Ligen sind grundsätzlich geschlechterneutral, wobei bei den Kategorien U13 und U16 jeweils Spielerinnen bis 14 bzw. 17 Jahre teilnehmen dürfen. Einzig die NFFL W (W für Women) ist als reine Frauenliga ausgestaltet. Die Erwachsenenligen bestehen (Stand 2023) aus der NFFL A, NFFL B, NFFL C und NFFL W.

[68]

Durch das Flag Football und die Möglichkeit, früher mit American Football beginnen zu können, sowie grundsätzlich ohne Kontakt das Spiel kennen zu lernen, gewinnt American Football in beiden Varianten stetig an Beliebtheit. Aufgrund der früheren Zugangsmöglichkeit können über das Flag Football ein besseres Spielverständnis erzeugt und damit auch bei einem Wechsel zum Tackle Football Risiken minimiert werden, sodass es derzeit Bestrebungen gibt, Tackle Football ab Stufe U13 einzuführen.

[69]

In der Schweiz wird Flag Football nach dem Flag Football Regelwerk der IFAF gespielt. Abweichungen hierzu werden im Spielreglement Flag Football und in der Spielverordnung Flag Football festgehalten. Somit besteht hierbei insofern eine andere Kompetenzzuteilung als im Tackle Football als dass nicht die Technische Kommission, sondern die Delegiertenversammlung bezüglich des Reglements und der Vorstand bezüglich der Verordnung Abweichungen davon erlassen kann. Es ist daher Vorsicht geboten und bei Erlass einer zu den IFAF Flag Regeln abweichenden Regelung zu prüfen, dass keine Kompetenzstreitigkeiten entstehen.

IV. Wettkampfregelungen

[70]

Die Reglemente des SAFV geben für beide Disziplinen bzw. Tackle Football und Flag Football die Rahmenbedingungen für den Wettkampf vor. Es wird grundsätzlich in jeder Kategorie eine Schweizer Meisterschaft ausgetragen, wobei ebenfalls Wettbewerbe wie Schweizer Cup oder von Clubs oder Dritten organisierte Turniere möglich sind.

[71]

Sämtliche Wettspiele sind auf durch die Technische Kommission homologierten Feldern auszutragen.

A. Teilnahmevoraussetzungen

[72]

Damit ein Verbandsmitglied bzw. sein Team an Freundschaftsspielen und Wettbewerben teilnehmen kann, hat es nebst den zugehörigen Lizenzen gemäss Lizenzreglement, welche ebenfalls als Teilnahmeberechtigung am Wettbewerb anzusehen sind, über eine Spielbewilligung zu verfügen, welche vom Vorstand des SAFV erteilt wird (vgl. zu Lizenzen auch Hügi, §20 N 30; Scherrer, Rz. 1 ff.). Die jeweilige Spielbewilligung wird für eine bestimmte Mannschaft erteilt.

1. Spielbewilligung Tackle Football

[73]

Um eine Spielbewilligung für ein Tackle Team zu erhalten, muss das Verbandsmitglied kumulative Voraussetzungen erfüllen (vgl. Art. 10 Abs. 1 Spielreglement Tackle Football).

[74]

Eine Spielbewilligung wird grundsätzlich nur für Vollmitglieder erteilt, die keine Schulden gegenüber dem SAFV haben.

[75]

Daneben bestehen weitere bestimmte, ligaabhängige Voraussetzungen, die erfüllt sein müssen, um in der jeweiligen Liga antreten zu können, welche ausdrücklich in Art. 10 Abs. 1 lit. c – e Spielreglement Tackle Football geregelt sind.

[76]

Nebst diesen Voraussetzungen muss zudem ein homologiertes Feld vorhanden sein und ein Reglements konformer Regelkurs absolviert werden, welcher ausnahmsweise in Form einer Coaches Clinic erfolgen kann (vgl. Art. 10 Abs. 1 lit. f – g Spielreglement Tackle Football).

2. Spielbewilligung Flag Football

[77]

Die Voraussetzungen zur Erlangung einer Spielbewilligung für Flag Football sind im Vergleich zum Tackle Football deutlich herabgesetzt. Für die Erlangung einer Spielbewilligung Flag Football wird Folgendes kumulativ vorausgesetzt (Art. 10 Abs. 1 Spielreglement Flag Football):

  • Vollmitgliedschaft beim SAFV (Erteilung einer Spielbewilligung beschränkt auf Freundschaftsspiele und Turniere für assoziierte Mitglieder möglich);
  • keine Schulden gegenüber dem SAFV.

B. Meldungen und Konsequenzen bei Regelverstössen

[78]

Um die Durchsetzbarkeit der Spiel- und Verbandsregelungen sicherzustellen, verfügt der SAFV über ein entsprechendes Disziplinar- und Rechtspflegereglement.

1. Disziplinarreglement

[79]

Das Disziplinarreglement wird durch die Delegiertenversammlung erlassen. Es regelt die verbandsinterne Disziplinarordnung und ist auf alle durch den SAFV lizenzierten Personen sowie auf die Clubs und ihre Mannschaften anwendbar (Art. 1 Disziplinarreglement).

[80]

Das Disziplinarreglement beinhaltet sowohl allgemeine Bestimmungen zu insbesondere Vorsatz und Fahrlässigkeit, Anstiftung und Gehilfenschaft, versuchte Widerhandlung und Verjährung. Beim Erlass des Disziplinarreglements hat man sich offensichtlich an Prinzipien und Grundsätzen des schweizerischen Strafrechts orientiert, bzw. explizit grundsätzlich auf die Definitionen des schweizer Strafrechts verwiesen (vgl. Art. 2 bis Art. 6 Disziplinarreglement). Nebst der Anwendung des verbandsinternen Disziplinarrechts bleibt die Durchführung eines Strafverfahrens vorbehalten. Das Disziplinarrecht ist somit zusätzlich zum Strafrecht anwendbar und Ausfluss der Vereinsautonomie gemäss Art. 63 ZGB (Hügi, §24 N 25 ff.). Es gilt jedoch zu beachten, dass im Hinblick auf die Verhängung von verbandsrechtlichen Strafen die allgemeinen strafrechtlichen und strafprozessualen Verfahrensgrundsätze, wie bspw. die Unschuldsvermutung oder der Anspruch auf rechtliches Gehör zu beachten sind (Hügi, §24 N 28).

[81]

Im Weiteren beinhaltet das Disziplinarreglement Ausführungen zu den möglichen Strafen, welche von einem Verweis über Ordnungsbussen sowie Geldstrafen bis Sperrstrafen, Spielwertungsstrafen und Platzsperren reichen (Art. 7 bis Art. 12 Disziplinarreglement). Der Strafenkatalog beinhaltet eine Generalklausel, welche nicht ausdrücklich aufgeführte Verstösse gegen Bestimmungen der Statuten, eines Reglements oder einer Verordnung sanktioniert (Art. 22 Disziplinarreglement). M.a.W. können durch die Generalklausel Verfehlungen jeglicher Art sanktioniert werden.

[82]

Die jeweilige Strafzumessung hat innerhalb des Strafrahmens, nach dem individuellen Verschulden, zu erfolgen, wobei strafmildernde oder strafschärfende Umstände zu berücksichtigen sind (Art. 23 bis Art. 25 Disziplinarreglement). Über die entsprechenden Verurteilungen wird ein Strafregister geführt (vgl. hierzu Art. 29 Disziplinarreglement).

[83]

Das Disziplinarreglement sieht indessen die Möglichkeit der Begnadigung durch den Vorstand vor, wobei dieser die Möglichkeit hat auf begründetes Gesuch hin, die rechtskräftige Strafe aufzuheben oder zu mildern. Hierzu müssen «überzeugende Gründe» für die «Begnadigungswürdigkeit» vorliegen (vgl. hierzu Art. 30 f. Disziplinarreglement). Dem Vorstand kommt hierbei enormes Ermessen zu. Bisher ist kein Anwendungsfall bekannt.

[84]

Im Anhang zum Disziplinarreglement wird ein Bussenkatalog geführt, welcher vordefinierte Ordnungsbussen bei Erfüllung der entsprechenden Tatbestände vorsieht. Bezüglich Ordnungsbussen besteht kein Ermessen, im Gegensatz zur Verhängung von Geldstrafen, vorgesehen bei entsprechenden Tatbeständen.

2. Rechtspflegereglement

[85]

Das Rechtspflegereglement regelt die verbandsinternen streitigen und nichtstreitigen Verfahren, die Beschlüsse und Verfügungen von Organen zum Gegenstand haben (Art. 1 Rechtspflegereglement). Nebst allgemeinen Bestimmungen sowie Verfahrensvorschriften enthält das Rechtspflegereglement insbesondere Bestimmungen zur Einleitung von Disziplinar- und Protestverfahren, sowie zu Beschwerdemöglichkeiten und deren Voraussetzungen.

a. Disziplinarverfahren
[86]

Zuständig für die Durchführung des jeweiligen Disziplinarverfahrens ist bei Widerhandlungen, die vollständig in direktem Zusammenhang mit einem Spiel stehen, die jeweilige Technische Kommission (Tackle Football oder Flag Football). Eine Ausnahme hiervon bilden Disziplinarverfahren gegen Schiedsrichter*innen (vgl. Art. 20 lit. a Rechtspflegereglement). Als Auffangkompetenz ist in allen übrigen Disziplinarverfahren (und damit auch gegen Schiedsrichter*innen) der Vorstand zuständig (Art. 20 lit. b Rechtspflegereglement). Der Erlass von Ordnungsbussen fällt indessen in die Zuständigkeit des Vorsitzenden des jeweilig zuständigen Organs und stellt somit eine eigentliche Einzelrichterkompetenz dar (vgl. Art. 21 Rechtspflegereglement).

[87]

Die Einleitung eines Disziplinarverfahrens infolge eines Vorfalls anlässlich eines Spiels erfolgt auf Rapport des Hauptschiedsrichters zu Handen der jeweiligen Technischen Kommission. Daraufhin kann die jeweilige Technische Kommission oder das zuständige Organ innert 3 Tagen ein Disziplinarverfahren einleiten (vgl. Art. 23 Rechtspflegereglement). Es handelt sich hierbei um eine Kann-Vorschrift mit entsprechendem Ermessen des zuständigen Organs.

[88]

Vorfälle ausserhalb der Spieldauer und Spielzeit, jedoch in Zusammenhang mit einem Event eines Verbandsmitglieds oder des SAFV selbst, können von jeder Person dem zuständigen Organ zugetragen werden (Art. 23 Abs. 1 Rechtspflegereglement). Das Rechtspflegereglement spricht an dieser Stelle etwas missverständlich von «Zutragen an die jeweilige Technische Kommission», wobei damit zusätzlich auch das zuständige Organ gemeint ist, was sich ebenfalls aus Art. 23 Abs. 1a Rechtspflegreglement ergibt, wo der Begriff zuständiges Organ wiederum Verwendung findet. Auch bezüglich Vorfälle ausserhalb der Spieldauer und Spielzeit kann das jeweils zuständige Organ ein Disziplinarverfahren einleiten, wobei es sich auch hier um eine Kann-Vorschrift handelt.

[89]

Das jeweilig zuständige Organ führt das Verfahren gemäss den Bestimmungen des Rechtspflegereglements und entscheidet in der Sache, wobei der Entscheid mit einer Kurzbegründung und Rechtmittelbelehrung zu erlassen ist (Art. 12 Abs. 1 Rechtspflegereglement). Eine umfassende Begründung kann innert 3 Tagen seit Zustellung des Entscheids verlangt werden, wobei gegen den umfassend begründeten Entscheid innert 10 Tagen nach Erhalt des entsprechend umfassend begründeten Entscheids die Beschwerde ans Verbandsgericht geführt werden kann, welche grundsätzlich ohne entsprechenden Antrag und Genehmigung durch das Verbandsgericht keine aufschiebende Wirkung zeitigt (vgl. Art. 12 Abs. 2 i.V.m. Art. 37 ff. Rechtspflegereglement).

[90]

Die NCAA Regeln im Tackle Football sehen indessen automatische Spielsperren vor, welche im Zusammenhang mit den Schweizerischen Ausnahmen insbesondere für das sogenannte Targeting vorgesehen sind. Erfolgt die automatische Sperrstrafe aufgrund entsprechender Disqualifikation während des Spiels, so steht es der betroffenen Person und dem Verbandsmitglied frei, Einsprache innert drei Tagen zu erheben und die Durchführung eines ordentlichen Disziplinarverfahrens zu verlangen, wobei ein solches durch das zuständige Organ zwingend innert zwei Tagen nach Kenntnis der Einsprache zu eröffnen ist und dieses gleichzeitig abschliessend über die aufschiebende Wirkung zu entscheiden hat (vgl. hierzu Art. 23 Abs. 2 und 3 Rechtspflegereglement). Der umfassend begründete Entscheid kann wiederum innert zehn Tagen seit Erhalt an das Verbandsgericht gezogen werden.

b. Protestverfahren
[91]

Das Protestverfahren ist gegen Entscheide des/der Hauptschiedsrichters bzw. Hauptschiedsrichterin, der gegen die gültigen Spielregeln oder gegen Reglemente des SAFV verstösst und die protestierende Mannschaft in ihren Interessen schädigt, zulässig (Art. 27 Abs. 1 Rechtspflegereglement). Gegen Tatsachenentscheide und in Fällen, wo Ermessen ausgeübt und nicht überschritten oder missbraucht wird, ist ein Protest unzulässig (Art. 27 Abs. 2 Rechtspflegereglement).

[92]

Das Protestverfahren fällt in die Zuständigkeit der jeweiligen Technischen Kommission, wobei für die Durchführung eines Protestverfahrens ein Captain oder der Head Coach der betroffenen Mannschaft beim Hauptschiedsrichter bzw. der Hauptschiedsrichterin den Protest ankündigen muss sobald es der Spielverlauf erlaubt, ansonsten die Protestmöglichkeit verwirkt ist. Will an der Ankündigung des Protests festgehalten werden, so ist dies dem Hauptschiedsrichter bzw. der Hauptschiedsrichterin nach Ende des Spiels unmittelbar mitzuteilen, wobei dieser bzw. diese die Ankündigung im Schiedsrichterrapport festhält. Die Unmittelbarkeit ist zwar in der Bestimmung nicht ausdrücklich erwähnt, ergibt sich jedoch aus dem Umstand, dass das Festhalten an der Protestankündigung im Schiedsrichterrapport vermerkt und dieser von der betroffenen Mannschaft mitunterzeichnet werden muss. Erfolgt dies nicht, so ist die Protestmöglichkeit verwirkt (vgl. zum Ganzen Art. 28 i.V.m. Art. 29 Rechtspflegereglement).

[93]

Um den Protest aufrechtzuerhalten, muss er innert drei Tagen nach dem Spiel mit eingeschriebenem Brief dem Vorstand zu Handen des zuständigen Organs schriftlich bestätigt werden und einen Antrag sowie eine Begründung enthalten (Art. 30 Abs. 1 Rechtspflegereglement). Sind die Voraussetzungen inkl. Leistung eines Kostenvorschusses von CHF 500.00 inkl. Beilage eines Zahlungsbelegs (vgl. Art. 30 Abs. 2 Rechtspflegereglement) nicht erfüllt, so wird auf den Protest nicht eingetreten (Art. 30 Abs. 3 Rechtspflegereglement). Sind die Voraussetzungen zur Behandlung des Protests hingegen erfüllt, erfolgt die Zustellung der Protestbestätigung an den gegnerischen Club und den Hauptschiedsrichter bzw. die Hauptschiedsrichterin mit der Aufforderung zur Stellungnahme innert drei Tagen (Art. 31 Rechtspflegereglement).

[94]

Die jeweilig zuständige Technische Kommission entscheidet über Gutheissung oder Abweisung des Protests und verfügt bei Gutheissung die Wiederholung des Spiels, sofern die Interessen des protestierenden Clubs nicht auf andere Weise gewahrt werden können, kann dabei aber nicht über den Antrag des protestierenden Clubs hinausgehen (Art. 32 Rechtspflegereglement). Eine umfassende Begründung des Entscheids kann innert drei Tagen nach Zustellung des Entscheids inkl. Kurzbegründung verlangt werden. Der umfassend begründete Entscheid steht unter Vorbehalt der Beschwerde ans Verbandsgericht innert 10 Tagen seit Erhalt (Art. 12 Rechtspflegereglement).

3. Schiedsgerichtsbarkeit CAS und Schlichtung innerhalb des SAFV

[95]

Die Statuten des SAFV sehen einerseits die Streitbeilegung durch die direkte Schiedsgerichtsbarkeit für zivilrechtliche Streitigkeiten zwischen Organisationen und Personen des SAFV, zwischen deren Mitgliedclubs, zwischen Kantonal- und Regionalverbänden des SAFV sowie zwischen Lizenzierten des SAFV vor (Art. 38 Abs. 1 Statuten). Diesbezüglich gilt es zu präzisieren, dass infolge Auslegung der Bestimmung und der Verbandsübung diese dahingehend zu verstehen ist, als dass dies auch für Streitigkeiten der Aufgeführten untereinander zu gelten hat.

[96]

Im Weiteren gilt es zu beachten, dass Streitigkeiten zwischen Lizenzierten des SAFV nur der Schiedsgerichtsbarkeit unterliegen, sofern sie aus der Eigenschaft als Lizenzierte des SAFV herrühren (Art. 38 Abs. 2 Statuten). Wo hier die Grenze liegt, ist durch Auslegung im Einzelfall zu ermitteln. Streitigkeiten, die der Schiedsgerichtsbarkeit unterliegen, werden einem Einzelschiedsrichter des CAS vorgelegt (Art. 39 Abs. 1 Statuten).

[97]

Andererseits besteht die Möglichkeit der internen Vermittlung durch den Vorstand, sofern der SAFV als Verband nicht selbst als Partei an einem Streit beteiligt ist. In diesem Fall kann der Vorstand des SAFV vor Anhebung eines Schiedsverfahrens um Vermittlung ersucht werden (Art. 39 Abs. 2 Statuten).

[98]

Die Praxisbedeutung sowohl der Möglichkeit des Schiedsverfahrens als auch der internen Vermittlung durch den Vorstand ist bisweilen äusserst gering.

4. Antidoping- und Ethik-Verstösse

a. Antidoping-Verstösse
[99]

Das Bewusstsein der Unterstellung unter das Doping-Statut von Swiss Olympic erfolgt über die Unterstellungserklärung, welche unterzeichnet als Beilage zum Lizenzantrag einzureichen ist (Art. 4 Abs. 1 lit. e Lizenzverordnung).

[100]

Der SAFV und seine Mitglieder sind bereits über die Statuten dem Doping-Statut von Swiss Olympic unterstellt (Art. 2a Abs. 2 Statuten). Die Kontrollen und deren Umfang richten sich nach dem Doping-Statut von Swiss Olympic (vgl. insbesondere Art. 5.2 ff. Doping-Statut). Die Teams der Nationalliga A Herren und das A-Nationalteam Herren sind indessen Teil des Kontrollpools Teamsport III mit den entsprechenden Verpflichtungen bezüglich Bekanntgabe Whereabouts (vgl. https://www.sportintegrity.ch/anti-doping/kontrollen/kontrollpools, Art. 5 Doping-Statut sowie Ausführungsbestimmungen zu Dopingkontrollen und Ermittlungen Swiss Sport Integrity (siehe für eine Übersicht über die materiellrechtlichen Dopingbestimmungen der Beitrag von Brühlmann/Schnydrig).

[101]

Mutmassliche Verstösse gegen die anwendbaren Anti-Dopingbestimmungen werden durch die Stiftung Swiss Sport Integrity (SSI) behandelt und untersucht. Zuständig für die Beurteilung und Sanktionierung von festgestellten Verstössen gegen die Anti-Dopingbestimmungen ist die Disziplinarkammer des Schweizer Sports (Art. 2a Abs. 4 Statuten des Verbands, siehe für eine Übersicht über die Verfahrensregeln in Dopingangelegenheiten der Beitrag von Steiner).

[102]

Das Verfahren richtet sich nach dem Reglement betreffend das Verfahren vor der Disziplinarkammer des Schweizer Sports, wobei der Entscheid innert 21 Tagen seit schriftlicher Eröffnung beim CAS mittels Berufung angefochten werden kann (vgl. Art. 2a Abs. 4 Statuten (des SAFV)).

[103]

Auf internationaler Ebene kann erwähnt werden, dass die IFAF dem World Anti-Doping Code der WADA unterstellt ist. Über die Mitgliedschaft des SAFV bei der IFAF und die Anerkennung derer Statuten, ist auch der SAFV verpflichtet, für die Übereinstimmung der Regularien mit dem World Anti-Doping Code besorgt zu sein und diese sicherzustellen (Art. 3.9.2 lit. f IFAF Statutes).

b. Ethik-Verstösse
[104]

Zur Behandlung, Prüfung und Klärung von ethikrelevanten Fragen und Angelegenheiten bezeichnet der SAFV eine für den Bereich Ethik beauftragte Person.

[105]

Der SAFV ist über seine Statuten dem Ethik-Statut des Schweizer Sports unterstellt (Art. 2a Abs. 3 Statuten).

[106]

Mutmassliche Verstösse gegen das anwendbare Ethik-Statut des Schweizer Sports werden von SSI als nationale Institution behandelt. Zuständig für die Beurteilung und Sanktionierung von festgestellten Verstössen gegen das Ethik-Statut ist die Disziplinarkammer des Schweizer Sports.

[107]

Das Verfahren richtet sich nach dem Reglement betreffend das Verfahren vor der Disziplinarkammer des Schweizer Sports, wobei der Entscheid innert 21 Tagen seit schriftlicher Eröffnung beim CAS mittels Berufung angefochten werden kann (vgl. Art. 2a Abs. 4 Statuten (des SAFV)).

[108]

Auf internationaler Ebene besteht im Zusammenhang mit dem Weltverband IFAF ebenfalls ein Code of Ethics.

V. Spezifische Fragestellungen

A. Jugendförderung

[109]

Als sehr ressourcenintensiver Sport ist insbesondere die Tackle Variante des American Footballs vor diverse Herausforderungen finanzieller und personeller Hinsicht gestellt. Nebst der Tatsache, dass ein Kader aufgrund der Aufteilung in offense- und defense-Spieler nicht selten und bestenfalls aus 40 – 50 Personen besteht, ist auch die Juniorenarbeit aufgrund der benötigten Anzahl Spieler*innen und der Kontaktintensivität nicht einfach zu bewerkstelligen.

[110]

Um einer allfälligen, einseitigen Konzentration auf Erwachsenenteams vorzubeugen, wurde die Verpflichtung des Aufbaus einer Juniorenabteilung in Art. 10 Spielreglement Tackle Football für die Nationalliga A und Liga B eingeführt, welche auf das Jahr 2023 durch die Delegiertenversammlung präzisiert wurde.

[111]

Für die Nationalliga A gilt: Ein Club, dem die Mannschaft angehört, welche an der Schweizer Meisterschaft in der Nationalliga A teilnimmt, muss nun ab dem dritten Jahr seiner Teilnahme an der Schweizer Meisterschaft der Herren (unabhängig in welcher Liga) über eine U19 Juniorenmannschaft verfügen, die an der Schweizer Meisterschaft teilnimmt (Art. 10 Abs. 1 lit. c Spielreglement Tackle Football).

[112]

Für die Liga B gilt: Ein Club, dem die Mannschaft angehört, welche an der Schweizer Meisterschaft in der Liga B teilnimmt, muss ab dem vierten Jahr seit der ersten Teilnahme seiner Mannschaft an der Schweizer Meisterschaft in der Liga B über eine U19 Juniorenmannschaft verfügen, die an der Schweizer Meisterschaft teilnimmt. Grundlage für die Berechnung der Jahre ist die erste Teilnahme an der Schweizer Meisterschaft der Liga B nach Inkrafttreten dieser Regelung (10. Dezember 2022). Ein allfälliger Abstieg in eine tiefere Liga unterbricht die Zählung der Jahre nicht. Bei einem erneuten Aufstieg in die Liga B werden auch die zwischenzeitlich in einer tieferen Liga gespielten Jahre mit in die Berechnung einbezogen (Art. 10 Abs. 1 lit. d Spielreglement Tackle Football).

[113]

Dadurch wird verhindert, dass die Teams der oberen Spielklassen, die Nachwuchsarbeit zu Gunsten der Konzentration auf die Erwachsenenmannschaft vernachlässigen. Durch die entsprechenden Regelungen wird dem jeweiligen Verbandsmitglied faktisch eine Übergangsfrist zugestanden, um die Jugendarbeit zu fördern. Bei Nichteinhaltung kann die Spielbewilligung verweigert, entzogen oder unter Auflagen erteilt werden.

[114]

Durch die Anerkennung von American Football als J+S Sportart wird dem Verband zudem die Jugendförderung erleichtert und der Sport profitiert vom entsprechenden Förderprogramm des Bundes.

[115]

Durch den stetigen Ausbau der Flag Football Abteilung des SAFV erfolgt indessen ein einfacherer Zugang zur Sportart American Football, wovon durch die geringeren Hürden für den Start (insbesondere Hinsichtlich Mindestalter, Ausrüstung und Spielverständnis) die Jugend profitiert und diese mit geringerem Verletzungsrisiko an die Sportart herangeführt werden kann.

B. Kasuistik

1. CAS 2012 / A / 2873 – EFAF, AFVD, SAFV, BFL & IAFA v. IFAF

[116]

Im Verfahren CAS 2012 / A / 2873 – European Federation of American Football (EFAF), American Football Verband Deutschland (AFVD), Schweizerischer American Football Verband (SAFV), Belgian American Football League (BFL) & Irish American Football Association (IAFA) v. International American Football Association (IFAF), Entscheid vom 3. Juli 2013 hatte das CAS grundsätzlich zu entscheiden, ob es zulässig ist, dass ein am internationalen Verband angeschlossener Kontinentalverband durch eine Statutenänderung des internationalen Verbandes, durch Streichung der Definition der Kontinentalverbände als Angeschlossene des Weltverbands, faktisch ausgeschlossen werden kann.

[117]

Die damalige EFAF war als Kontinentalverband der IFAF angeschlossen, jedoch nicht tatsächliches Mitglied mit Stimmrecht im Sinne der damaligen Statuten der IFAF (lediglich nationale Verbände konnten Mitglieder sein; ehem. Art. 1 IFAF-Statuten), weshalb es das CAS als zulässig erachtete, einen entsprechenden Kontinentalverband faktisch auszuschliessen, da er nicht dieselben Rechte wie ein statutenkonformes Mitglied beanspruchen kann und sich auch in den damaligen Statuten keine entsprechenden Regelungen fanden.

[118]

Der Entscheid ist insofern von massgebender Bedeutung, als die Formulierung und Strukturierung von Mitgliederkategorien insbesondere im Zusammenhang mit dem Pyramidensystem der Sportorganisation einen Unterschied über entsprechende Schutzrechte machen kann. Eine Anerkennung ohne Mitgliederstellung reicht somit nicht aus. Indessen waren auch der EFAF diverse europäische, nationale Verbände angeschlossen, wobei im Hinblick auf den faktischen Ausschluss des Kontinentalverbands die Organisation desselben durch die angeschlossenen europäischen Verbände obsolet wurde. Die EFAF wurde sodann 2014 gänzlich aufgelöst.

2. CAS 2017/O/5025, IFAF et al. v. Tommy Wiking

[119]

Im Verfahren CAS 2017/O/5025 International Federation of American Football (IFAF), USA Football, Football Canada, Japanese American Football Association (JAFA), Panamanian Federation of American Football & Richard MacLean v. Tommy Wiking, Entscheid vom 1. März 2018 hatte das CAS darüber zu befinden, inwiefern die vom ehemaligen Präsidenten des Weltverbands ausgegangene Niederlegung seines Amtes als rechtsverbindlich angesehen werden durfte.

[120]

In diesem Zusammenhang kam es aufgrund unterschiedlicher Ansichten des damaligen Präsidenten und Mitgliedern des Weltverbandes zur Situation, dass zwei «Präsidenten» das Amt für sich beanspruchten, was zu Rechtsunsicherheit führte.

[121]

Der damalige Präsident hatte infolge Angabe gesundheitlicher Probleme seine Absenz bis anfangs Januar 2015 angekündigt. In dieser Zeit wurde der Verband durch den Senior Vizepräsidenten geführt. Nach entsprechendem Austausch über den möglichen Verbleib bzw. beabsichtigen Wechsel des Präsidenten liess der damalige Präsident sinngemäss verlauten, dass er am 30. April 2015 gegenüber den Mitgliedern des IFAF kommunizieren werde. Inhalt dieser Kommunikation sollte sein, dass er entschieden hätte, dass es für ihn das Beste sei, zurückzutreten, sodass die Führung des Verbands weiter voranschreiten kann. Er freue sich, wenn er in Zukunft wieder zum Fortschritt des IFAF beitragen kann, wenn es seine Zeit und Gesundheit zulasse. Ergänzt wurde seine Nachricht mit der Ausführung, dass er, wie man es entnehmen kann, per 30. April zurücktreten werde. Weitere Ergänzungen, welche ebenfalls in Richtung tatsächlichen Rücktritt deuteten, waren ebenso enthalten.

[122]

Aufgrund einer anschliessenden Kommunikation des faktisch zurückgetretenen damaligen Präsidenten, dass er auf Grund von damaligen Umständen doch nicht zurücktreten würde, wollte dieser die Kongressführung 2015 übernehmen, wurde jedoch vom neugebildeten Vorstand nicht zugelassen. Dies hat dazu geführt, dass ein Teil der IFAF-Mitglieder den Saal mit dem ehemaligen Präsidenten verliessen und der Kongress somit gespalten einmal durch den ehemaligen Präsidenten und einmal durch die neue Führung gehalten wurde. Die unter dem Vorsitz der «neuen» Führung abgehaltene Versammlung wählte indessen den vorgeschlagenen, neuen Präsidenten, wobei die parallele Versammlung den ehemaligen Präsidenten wählte. Im Anschluss wurden weitere separierte Versammlungen im Jahre 2016 abgehalten.

[123]

Das CAS hat in seinem Entscheid festgehalten bzw. kam zum Schluss, dass der erklärte Rücktritt des ehemaligen Präsidenten eine unwiderrufliche Willenserklärung mit sofortiger Wirkung darstellte. Es bestätigte indessen die Wahl des neuen Präsidenten anlässlich des Kongresses im Jahr 2015.

[124]

Der Entscheid ist insbesondere im Zusammenhang mit den durch den ehemaligen Präsidenten im Namen des Weltverbandes nach seinem Rücktritt ausgeführten Handlungen von grosser Bedeutung, da diese alle als nichtig erklärt wurden. Durch die parallele «Führung» des Weltverbandes bestand ein enormes Schadenspotenzial für den Verband und seine Mitglieder.