Vom Skiprofi zum Anwalt: Wie Gilles Roulin Spitzensport und Recht vereint

Der Weltcup-Skifahrer verrät, wie er es geschafft hat, neben seiner internationalen Spitzensportkarriere ein Jus-Studium zu absolvieren, gibt Tipps für ein effizientes Zeitmanagement und erzählt, was er vom Skisport für seine Anwaltskarriere  gelernt hat.


Themen: Anwaltspraktikum, Ski Alpin, Studium, Fernuni Schweiz, Spitzensport, Zeitmanagement, Homburger.
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Lesezeit: 5 Minuten.

 

Guten Tag Herr Roulin, Sie sind als herausragender Skirennfahrer bekannt, der sich auf den steilsten Skipisten mit der Weltspitze misst. Weniger bekannt ist, dass Sie nebenbei erfolgreich Ihr Jurastudium an der Fernuni Schweiz abgeschlossen haben und derzeit ein Anwaltspraktikum bei einer Top-Kanzlei absolvieren. Was hat Sie dazu bewegt, parallel zum Skirennsport Jura zu studieren und was fasziniert Sie an diesem Bereich?

 

Als ich meine Matura abgeschlossen habe, war der Traum Skirennfahrer zu werden und im Weltcup Rennen zu bestreiten zwar vorhanden, gleichzeitig konnte ich unmöglich einschätzen, ob sich dieser Traum realisieren lässt. Hinzu kommt, dass man im Sport nie weiss, wie lange eine Karriere dauern wird, weil es neben Einsatzwillen, Entschlossenheit, Klarheit auch Talent und ganz viel Glück braucht. Daher habe ich mit mir selbst ausbedungen, dass ich neben dem Sport eine Ausbildung abschliessen werde.

 

Weil ich als Skirennfahrer enorm viel Zeit auf Reisen verbringe, wäre an ein Studium an einer Universität im herkömmlichen Sinne nicht zu denken gewesen, daher habe ich mich an der  Fernuni Schweiz  eingeschrieben. Damals hatte ich vier Fachrichtungen zur Auswahl, wobei Jus dasjenige war, welches mich einerseits am meisten interessierte und andererseits auch die grösste Freiheit versprach für eine spätere Berufswahl. So kam es, dass ich mich für ein Jus-Studium entschieden habe.

 

Besonders interessiert hat mich das Studium deshalb, weil das Recht unser Leben und Zusammenleben massgeblich bestimmt.

Schon gewusst?

Gilles Roulins Motto lautet:

"Go the extra mile, it's never crowded."

Wie gestaltet sich Ihr Trainingsalltag als Skirennfahrer und wie finden Sie die Balance zwischen dem Training und Ihrem Jurastudium bzw. Ihrem Anwaltspraktikum?

 

Diesen Sommer hat sich mein Alltag relativ stark verändert, da ich nach sieben Jahren Studium ein Praktikum begonnen habe. Während des Studiums war ich vollkommen uneingeschränkt, was die Gestaltung meines Tagesablaufes betraf. Durch das Praktikum, welches ich zu einem 50% Pensum absolviere, bin ich in meinem Tagesablauf etwas eingeschränkt aufgrund der Arbeitszeiten und des Arbeitsortes.

 

Konkret habe ich es so gestaltet, dass ich am Morgen jeweils von 7:30 bis 10:30/11:00 trainiert habe. Um 12:00 Uhr war ich dann im Büro und habe mich juristischen Aufgaben gewidmet. Nach der Arbeit bin ich dann entweder nochmals ins Training gefahren (2-3 Mal die Woche), oder direkt nach Hause.

 

Mein Ziel war es, dass ich trotz des Praktikums auf die gleiche Anzahl Trainingseinheiten komme, wie vor dem Praktikum während meiner Studienzeit. Dies ist mir gelungen. Darüber habe ich mich sehr gefreut.

Was mir am meisten geholfen hat, war das Setzen von Prioritäten. - Gilles Roulin

Das Verfolgen von zwei anspruchsvollen Karrieren erfordert zweifellos exzellentes Zeitmanagement. Könnten Sie uns einige Ihrer bewährten Tipps verraten, wie man trotz vieler Verpflichtungen fokussiert und erfolgreich bleibt?

 

In der Tat hat sich bei mir in den letzten Jahren sehr viel um das Thema Zeitmanagement gedreht. Um meinen Verpflichtungen nachzukommen und meinen Ansprüchen gerecht zu werden, war es zentral, dass ich meine Zeit gut einteile. Was mir am meisten geholfen hat, war das Setzen von Prioritäten. "Welche Aufgabe hat zu welcher Zeit welche Priorität?" - Diese Frage habe ich mir sowohl für den einzelnen Tag, als auch für die Terminplanung gestellt.

 

Zudem habe ich immer besser funktioniert, wenn ich klar formulierte Ziele hatte. Ich habe unterschieden zwischen kurzfristigen, täglich realisierbaren, mittelfristigen (für jede Saison/jedes Semester) und langfristigen Ziele (Studium abschliessen/ Platzierungen erreichen). 

 

Als drittes Hilfsmittel habe ich immer versucht einen Ausgleich zwischen Pflicht und Freude zu haben und meine Ressourcen nicht zu sehr zu erschöpfen. So habe ich darauf Acht gegeben, dass die intrinsische Motivation stets hoch geblieben ist.

Ich schätze Herausforderungen sehr, weil sie mir ermöglichen, mich selber besser kennen zu lernen und zu wachsen. - Gilles Roulin

Wie gehen Sie mit Herausforderungen sowohl im Skirennsport als auch im juristischen Bereich um und gibt es Gemeinsamkeiten in den Bewältigungsstrategien?

 

Ich schätze Herausforderungen sehr, weil sie mir ermöglichen, mich selbst besser kennen zu lernen und zu wachsen. Daher suche ich mir ständig kleinere und grössere Herausforderungen und versuche diese zu lösen. Ich versuche aktiv meine Herausforderungen zu suchen, so kann ich nämlich am Besten steuern, in welche Richtung ich mich entwickle. Man könnte jetzt breit darüber philosophieren, wie sehr sich die Herausforderungen im Sport im Vergleich zum Business unterscheiden oder man könnte beschreiben, dass die Herausforderungen auf der Metaebene eigentlich die gleichen oder zumindest sehr ähnlich sind.

 

Ich für mich finde es nicht entscheidend, aus welchem Bereich die Herausforderung stammt, sondern wie ich mich durch eine mögliche Herausforderung entwickeln und dabei Freude verspüren kann.

Viele meiner Werte und meiner Eigenschaften habe ich durch den Sport entdeckt und entwickelt. - Gilles Roulin

Welche Lehren aus Ihrer Spitzensportkarriere erweisen sich als nützlich in Ihrer juristischen Karriere, und umgekehrt, gibt es etwas aus Ihrer juristischen Karriere, das Ihnen im Skirennsport geholfen hat?

 

Für mich ist Sport eine wunderbare Lebensschule. Viele meiner Werte und meiner Eigenschaften habe ich durch den Sport entdeckt und entwickelt. 

 

Aus einer Leistungsperspektive sind es natürlich Parameter wie Leistungssteigerung, Peak-Performance, Resilienz und Klarheit, welche man entwickeln muss, um sportlich erfolgreich zu sein. Gleichzeitig lernt man Werte wie Respekt, Freude, Dankbarkeit und Fairness, was für die Persönlichkeitsentwicklung von enormem Wert ist. Diese Werte und Erfahrungen prägen mich und verbinden mich mit dem Sport. Im Studium habe ich von gewissen Erkenntnissen aus dem Sport profitiert. Umgekehrt weniger, was jedoch nicht heisst, dass das nicht auch möglich wäre.

 

Haben Sie bestimmte Vorbilder oder Inspirationsquellen, sei es im Skirennsport, im juristischen Bereich oder auch anderswo, die Ihnen dabei geholfen haben, Ihre vielfältigen Ziele zu verfolgen?

 

Ich habe keine direkten Vorbilder. Gleichzeitig bin ich von unzähligen Dingen inspiriert und fasziniert. Natürlich hilft Inspiration von aussen auch für das Erreichen von Zielen gleichzeitig bin ich jedoch der Meinung, dass die intrinsische Motivation die weitaus wichtigste Triebfeder für das Erreichen von Zielen ist. 

 

Unabhängig vom Erreichen gewisser Ziele finde ich es enorm bereichernd, wenn ich mich von etwas inspirieren lassen, über etwas staunen und Begeisterung empfinden kann.

Am liebsten würde ich auch in einer juristischen Tätigkeit dem Sport verbunden bleiben und deshalb in diesem Bereich als Anwalt arbeiten. - Gilles Roulin

Was sind Ihre langfristigen Ziele sowohl im Skirennsport als auch in Ihrer juristischen Karriere?

 

Ich möchte im Sport so lange wie möglich auf höchstem Niveau aktiv sein. Ein Sieg in einem Weltcuprennen wäre natürlich die Krönung. 

 

Im juristischen Bereich wäre ich sehr stolz, wenn ich eines Tages die Anwaltsprüfung bestehen würde. Am liebsten würde ich auch in einer juristischen Tätigkeit dem Sport verbunden bleiben und deshalb in diesem Bereich als Anwalt arbeiten.

Welchen Ratschlag möchten Sie anderen jungen Sportlerinnen und Sportlern vermitteln, die ähnliche Ambitionen haben, Sport und Studium gleichzeitig zu verfolgen?

 

Es ist denkbar schwierig einen klugen Rat zu geben, weil jede Situation und jede junge sportbegeisterte Person einzigartig ist. Ich kenne den zweispurigen Weg und habe ihn geschätzt. Durch ihn wurde mir enorm viel ermöglicht und er hat mir irrsinnig viel gegeben, gleichzeitig kann auch der volle Fokus auf nur eine Tätigkeit sehr sinnvoll sein. 

 

Mein Rat wäre wohl die individuelle Antwort des Lesers auf die Frage: "Was würdest du tun wollen, wenn niemand zuschaut, wenn du kein Feedback erhältst, wenn es nur um deine eigene Zufriedenheit, dein Selbstwert geht? Wer möchtest du sein und was möchtest du sein, für dich selbst?" 

 

Vielen Dank für die inspirierenden Einblicke und die hilfreichen Tipps. Wir wünschen Ihnen alles Gute und viel Erfolg in der anstehenden Saison! Wir drücken Ihnen die Daumen.

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