Die grösste juristische Studentenorganisation im Fokus: Einblicke mit ELSA Switzerland Präsidentin Flavia Lehmann

Die Präsidentin von ELSA Switzerland erklärt, welche Vorteile eine Vereinsmitgliedschaft bietet, welche Herausforderungen die internationale Zusammenarbeit mit sich bringt und was sie aus ihrer Vorstandserfahrung für ihre berufliche Zukunft mitnimmt.


Themen: ELSA Switzerland, European Law Students' Association (ELSA), Studentenverein, ELSA Law Schools, ELSA Traineeships, Moot Courts, Extracurriculare Aktivitäten, Studium, Engagement, Präsidentin, Universität Fribourg, Netzwerk, Vorstand.
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Lesezeit: 5 Minuten.

 

Guten Tag Frau Lehmann, wir freuen uns, dass Sie sich Zeit für dieses Interview nehmen konnten. Sie sind Präsidentin der European Law Students' Association (ELSA) Switzerland. Können Sie uns schildern, wie Ihr Weg zur Präsidentin von ELSA Switzerland aussah?

 

Bereits in meinen ersten Studienwochen kam ich mit der lokalen Vertretung von ELSA an der  Universität Fribourg  in Kontakt und wurde sofort Mitglied. Aufgrund der motivierten Leute im damaligen Vorstand von  ELSA Fribourg  und weil ich auch aktiv bei der Organisation der Events mithelfen wollte, anstatt nur von den Angeboten zu profitieren, habe ich mich dann an der nächsten Generalversammlung für den lokalen Vorstand von ELSA an der Universität Fribourg beworben.

 

In meinem zweiten Jahr als lokales Vorstandsmitglied, im Herbst 2021, habe ich an der Generalversammlung von  ELSA Switzerland  das schweizweite Netzwerk kennengelernt. In diesem Moment wurde mir die Grösse und Bedeutung von ELSA erst so richtig bewusst und mir war schnell klar, dass ich mich in Zukunft auch auf (inter)nationaler Ebene für den Verein engagieren möchte. Dass ich ein paar Monate später an der darauffolgenden nationalen Generalversammlung in Luzern für das Amt der Präsidentin kandidieren werde, hätte ich zu dem Zeitpunkt jedoch noch nicht gedacht. Es waren vielmehr meine Vorgänger aus dem damaligen Nationalvorstand von ELSA Switzerland, die mich zu diesem Schritt motiviert hatten – wofür ich ihnen bis heute unglaublich dankbar bin.

 

Können Sie uns mehr über die Ziele und Aktivitäten von ELSA Switzerland erzählen?

 

Als die weltweit grösste Vereinigung von Rechtsstudierenden und jungen Juristen ist ELSA auf drei Ebenen aktiv: In der Schweiz ist ELSA an jeder universitären Rechtsfakultät mit einer Lokalgruppe vertreten, welche auf lokaler Ebene Events organisiert und im direkten Kontakt zu unseren Mitgliedern steht. Grundsätzlich funktionieren unsere Lokalgruppen wie jede andere Studentenvereinigung oder Fachschaft. Sie haben jedoch den einzigartigen Vorteil, dass hinter ihnen ein europaweites Netzwerk mit (inter)nationalen Möglichkeiten steht.

 

ELSA Switzerland  ist der nationale Dachverband, der diese neun Lokalgruppen koordiniert und an den Generalversammlungen sowie anderen nationalen Events zusammenbringt. Zudem vertritt der Nationalvorstand von ELSA Switzerland die Interessen der schweizerischen Mitglieder auf internationaler Ebene. Auf internationaler Ebene existieren 43 Nationalgruppen, die vom internationalen Vorstand von ELSA koordiniert werden und zwei Mal jährlich an den internationalen Generalversammlungen zusammenkommen.

ELSA hat den Zweck, unsere Mitglieder auf das Berufsleben in einem internationalen Umfeld vorzubereiten, einen Beitrag zur juristischen Ausbildung zu leisten, zum internationalen Austausch beizutragen, dadurch das gegenseitige Verständnis zu fördern und Menschen aus ganz Europa zu vernetzen. - Flavia Lehmann

Dementsprechend verfolgt ELSA Ziele, die über die Grenzen der jeweiligen Lokal- oder Nationalgruppen hinausgehen. ELSA hat den Zweck, unsere Mitglieder auf das Berufsleben in einem internationalen Umfeld vorzubereiten, einen Beitrag zur juristischen Ausbildung zu leisten, zum internationalen Austausch beizutragen, dadurch das gegenseitige Verständnis zu fördern und Menschen aus ganz Europa zu vernetzen. Dies geschieht durch die Organisation zahlreicher Events und anderer Angebote, wie zum Beispiel unserer Summer und Winter ELSA Law Schools mit verschiedenen juristischen Schwerpunkten, die jedes Jahr in über 50 verschiedenen Städten Europas angeboten werden. Neben vieler anderer Projekte organisieren ELSA Gruppen zudem unterschiedliche nationale sowie internationale Moot Courts und so genannte ELSA Traineeships, welche das Absolvieren von Praktika im Ausland ermöglichen.

 

Zudem verfolgt ELSA das Ziel, Rechtsstudierende sowie junge Juristinnen und Juristen zu ermutigen, sich für das Wohl der Gesellschaft einzusetzen, beispielsweise durch unser Rule of Law Education Programme oder die Annual Human Rights Campaign. All diese Projekte sind ganz im Sinne der Vision von ELSA: "A just world in which there is respect for human dignity and cultural diversity".

 

Wem würden Sie eine Mitgliedschaft empfehlen?

 

Grundsätzlich allen Rechtsstudierenden, denn ELSA bietet etwas für jede/n Einzelne/n. Als Mitglied von ELSA kann man automatisch von den unzähligen Angeboten auf lokaler, nationaler und internationaler Ebene profitieren, ohne selbst in die Organisation dieser Projekte involviert sein zu müssen. Eine solche Mitgliedschaft ist also mit keinerlei Zeitaufwand, sondern lediglich mit Vorteilen verbunden.

 

Falls man selber aktiv werden und zur Organisation unserer Events beitragen möchte, kann man zudem einem lokalen ELSA Vorstand oder einem ad hoc Organisationskomitee für einen spezifischen Event beitreten. Auch diese Erfahrung würde ich allen Studierenden empfehlen, die neben Studium und Arbeit genügend Zeit zur Verfügung haben. Die Tätigkeit in einem Vorstand oder Organisationskomitee erweitert verschiedenste Soft Skills, die man nicht durch das Studieren von Büchern erlernen kann. Zudem lernt man ein Netzwerk voller interessanter, motivierter und wahnsinnig engagierter Menschen kennen.

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Welche Fähigkeiten und Kenntnisse haben Sie durch Ihre Arbeit bei ELSA gewonnen, die Ihnen im Jurastudium oder in Ihrem beruflichen Leben nützlich sind?

 

Bei ELSA aktiv zu werden, bedeutet vor allen Dingen eins: in einem Team zu arbeiten. Deshalb wurde mir durch meine Tätigkeit bei ELSA so richtig bewusst, wie viel mehr man als Team erreichen kann als jede/r Einzelne für sich alleine. In meinem Amt als Präsidentin habe ich zudem gelernt, ein solches Team zu koordinieren, zu motivieren und die Stärken jedes Mitglieds am besten hervorzuheben und zu nutzen.

 

Ausserdem haben mich die internationale Zusammenarbeit sowie die Zusammenarbeit mit unseren Lokalgruppen gelehrt, mit diametral unterschiedlichen Ansichten und Arbeitsweisen umzugehen. Durch den Austausch mit Studierenden und Praktizierenden aus ganz Europa konnte ich zudem meine Kenntnis von sowie mein Verständnis für andere Rechtssysteme und Rechtsansichten erweitern.

Das Bereicherndste an meinem Engagement für ELSA ist jedoch, dass ich nun auf ein europaweites Netzwerk zurückgreifen kann und die enge Zusammenarbeit im Team zu engen Freundschaften geführt hat, die mich hoffentlich auch auf meinem weiteren Lebensweg begleiten werden. - Flavia Lehmann

Obwohl ELSA "nur ein Studentenverein" ist, ist es eine wertvolle Schule fürs Leben. Als Vorstandsmitglied von ELSA habe ich gelernt, Verantwortung zu übernehmen und mit stressigen Situationen und Druck umzugehen. Eine weitere bedeutende Fähigkeit, die bei ELSA ausgebaut werden kann, ist das Sprechen und Präsentieren vor grösserem Publikum. Das Bereicherndste an meinem Engagement für ELSA ist jedoch, dass ich nun auf ein europaweites Netzwerk zurückgreifen kann und die enge Zusammenarbeit im Team zu engen Freundschaften geführt hat, die mich hoffentlich auch auf meinem weiteren Lebensweg begleiten werden.

 

Wie haben Ihre Erfahrungen bei ELSA Switzerland Ihre Sichtweise auf die juristische Praxis und den Beruf beeinflusst?

 

Durch die (inter)nationale Zusammenarbeit bei ELSA bin ich mit inspirierenden Menschen aus ganz Europa in Kontakt gekommen, die unterschiedliche kulturelle Hintergründe und Rechtsansichten mit sich bringen. Diese Begegnungen haben mir geholfen, meine eigene Perspektive zu erweitern und über den eigenen Tellerrand hinauszuschauen. Es gibt meistens nicht nur einen Weg, der zu einer Lösung führt und so können sowohl die konkrete Ausübung juristischer Berufe als auch die verschiedenen Rechtssysteme von Land zu Land erheblich variieren. Meine Erfahrungen bei ELSA haben mich zudem gelehrt, dass wir Juristinnen und Juristen Regeln manchmal etwas zu ernst nehmen und nicht vergessen sollten, auch praktisch zu denken.

 

Haben Sie Tipps oder Strategien für andere Studierende, die mehrere Verantwortungen balancieren müssen?

 

Organisation is key! Sobald man mehrere Verpflichtungen gleichzeitig balancieren muss, ist ein genauer Plan unerlässlich. Dabei ist es wichtig, die verschiedenen Aufgaben, die anfallen, zu strukturieren und zu priorisieren. Gerade wenn man keine festen Arbeitszeiten hat, wie dies bei ELSA oder auch beim Lernen fürs Studium der Fall ist, kann es hilfreich sein, spezifische Zeitfenster für die verschiedenen Tätigkeiten vorzusehen und fix in der Agenda zu reservieren. Beispielsweise könnte man dienstags von 8 Uhr bis 10 Uhr ein fixes Zeitfenster zum Beantworten von E-Mails einplanen, bevor um 10 Uhr die Vorlesung beginnt.

 

Zudem sollte man sich bereits im Voraus bewusst sein, welche Verpflichtungen man eingeht. Gerade bei der Freiwilligenarbeit gilt, dass man nur so viel auf sich nehmen sollte, wie man auch unter einen Hut bringt. Es ist nur möglich, sich für mehrere Vereine zu engagieren oder verschiedene Nebenjobs zu haben, solange man auch alle Aufgaben gut erfüllen kann, für welche man sich verpflichtet hat.

 

Zu guter Letzt ist Kommunikation mit seinen Arbeitskolleginnen und -kollegen von zentraler Bedeutung. Solange man seinem Team mitteilt, in welchen Phasen man vielleicht etwas weniger Kapazität hat und in welchen Phasen man dafür mehr übernehmen kann, kann man sich innerhalb des Teams besser organisieren und gegenseitig unterstützen.

 

Welche Ratschläge haben Sie für Studierende, die sich für eine Führungsposition in studentischen Organisationen interessieren?

 

Als Präsident/in einer studentischen Organisation nimmt der Verein, dem man vorsitzt, einen wichtigen Platz im eigenen Leben ein. Man sollte deshalb wirklich für sein Amt motiviert und dazu bereit sein, viel Zeit und Energie in den Verein zu investieren.

 

Es ist jedoch genauso wichtig, diese Motivation auf seine Vorstandsmitglieder zu übertragen. Bei der Freiwilligenarbeit im Allgemeinen und insbesondere bei Studentenorganisationen sollte man sich bewusst sein, dass die Vorstandsmitglieder noch ein Studium absolvieren und möglicherweise auch noch arbeiten müssen. Die Zeit und Arbeit, die sie für den Verein aufwenden, leisten sie freiwillig. Deshalb ist es äusserst wichtig, dass sie die Arbeit auch gerne machen. Selbst für die Sache zu brennen, mit gutem Exempel voranzugehen und dadurch das ganze Team zu motivieren, ist meiner Meinung nach das A und O für eine Führungsposition in einer Studentenorganisation.

 

Vielen Dank für die spannenden Einblicke in das Vereinsleben von ELSA. Wir wünschen Ihnen alles Gute auf Ihrem weiteren Weg.

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