Zwischen Recht und Wirtschaft: Einblicke in die Welt des Steuerrechts mit Michael Schneider, LL.M.

Der Rechtsanwalt erzählt, wie man Steuerexperte wird, was ihm am Steuerrecht besonders gefällt und warum man bei manchen Projekten die zwischenmenschlichen Aspekte nicht unterschätzen darf.


Themen: Karriere, Steuerexperte, Rechtsanwalt, Steuerrecht, LL.M., Karrieretipps, EXPERTsuisse Gfeller + Partner AG.
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Lesezeit: 4 Minuten.

 

Guten Morgen Herr Schneider, wir freuen uns, mehr über die Karriere im Steuerrecht zu erfahren. Könnten Sie uns Ihren Ausbildungsweg zum Rechtsanwalt und zum Steuerexperten schildern?

 

In Bern, wo ich nach dem Masterabschluss in den Rechtswissenschaften die Anwaltsausbildung durchlaufen habe, sind mindestens zwei Praktika zu absolvieren, eines bei einer Anwaltskanzlei und eines bei einer rechtsprechenden Behörde. Das sechsmonatige Gerichtspraktikum absolvierte ich am  Regionalgericht Emmental-Oberaargau , bei dem ich sowohl in der Zivil- als auch der Strafabteilung erste praktische Berufserfahrung sammeln durfte. Bei einer Wirtschaftskanzlei in Bern konnte ich anschliessend das einjährige Anwaltspraktikum bestreiten – hier hat sich für mich auch herauskristallisiert, dass ich nach dem Erwerb des Anwaltspatents im Steuer- und/oder Wirtschaftsrecht tätig sein möchte.

 

Die Ausbildung zum diplomierten Steuerexperten erfolgt im Gegensatz zur Ausbildung zum Rechtsanwalt berufsbegleitend. Der modular aufgebaute Unterricht bei  EXPERTsuisse  findet in der Regel wöchentlich statt. Die Module sind auf drei Jahre verteilt und die Ausbildung zum diplomierten Steuerexperten schliesst mit schriftlichen und mündlichen Prüfungen auf eidgenössischer Ebene ab. Voraussetzung für die Zulassung zu den Abschlussprüfungen ist neben der fachlichen Ausbildung eine mindestens vierjährige fachspezifische Berufserfahrung im Steuerrecht. Ich erachte dies als wichtigen Bestandteil der Ausbildung, da die Anwendung des theoretischen Fachwissens «on the job» und die dadurch gewonnenen Erfahrungen ein zentraler Faktor sind, um die Komplexität und Vielschichtigkeit des Steuerrechts zu erfassen.

 

Sie haben einen LL.M. in Melbourne abgeschlossen. Welche Mehrwerte konnten Sie aus Ihrem LL.M Abschluss in Australien gewinnen?

 

Mein LL.M. an der  University of Melbourne  hat mir eine Reihe von Mehrwerten für meinen Berufsalltag gebracht, trotz der Herausforderungen, die durch das Coronavirus im Jahr 2020 entstanden sind. Während persönliche Treffen und Networking-Veranstaltungen eingeschränkt waren, konnte ich dennoch von den Vorzügen des Studiums profitieren. Die Universität bot virtuelle Unterrichtsformate an und schuf alternative Möglichkeiten für den Austausch. Diese Anpassungsfähigkeit ermöglichte es mir, mein Fachwissen im Steuerrecht zu vertiefen und neue internationale Perspektiven zu gewinnen, die ich nun in meiner Arbeit anwenden kann. 

Insgesamt bin ich überzeugt, dass mein LL.M.-Abschluss in Australien meine beruflichen, aber auch persönlichen Fähigkeiten erweitert und gestärkt hat. - Michael Schneider, LL.M.

Die interkulturelle Erfahrung und das internationale Netzwerk, das ich während meines LL.M.-Studiums aufgebaut habe, ermöglichen es mir, besser mit internationalen Mandanten und Kollegen zusammenzuarbeiten und deren Bedürfnisse und Anliegen besser zu verstehen. Darüber hinaus habe ich durch das Studium in einem englischsprachigen Umfeld meine Sprachkenntnisse verbessert, was in der globalisierten Welt des Steuerrechts von grossem Vorteil ist. Insgesamt bin ich überzeugt, dass mein LL.M.-Abschluss in Australien meine beruflichen, aber auch persönlichen Fähigkeiten erweitert und gestärkt hat.

 

Wie sieht Ihr Arbeitsalltag als Rechtsanwalt und Steuerexperte bei der  Gfeller + Partner AG  aus?

 

Mein Arbeitsalltag lässt sich grob in zwei Teilbereiche unterteilen: einerseits fallen durch die laufenden Projekte Arbeiten an, die planbar sind wie beispielsweise das Verfassen eines Steuerrulings. Andererseits ist es aber häufig so, dass kurzfristige Anfragen eingehen, die z.B. aufgrund laufender Rechtsmittelfristen zeitkritisch sind und entsprechend rasch beantwortet werden müssen. Dies erfordert jeweils eine gewisse Flexibilität und Gelassenheit. Hier unterscheidet sich meines Erachtens mein Berufsalltag jedoch nicht von anderen Beratungsberufen. Dank unseres eingespielten Steuerrechtsteams, bei dem jeder und jede für den anderen einspringt, gelingt es uns auch in hektischeren Zeiten, den Überblick zu behalten.

Schon gewusst?

Die Zeitschrift ASA (Archiv für Schweizerisches Abgaberecht) bietet seit über 80 Jahren eine Steuerrechtsplattform, auf der die aktuellsten Entwicklungen in Gesetzgebung und Rechtsanwendung in wissenschaftlichen Beiträgen untersucht und besprochen werden.

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Mit welchen Themen beschäftigen Sie sich leidenschaftlich gern und ist Ihnen ein Fall besonders in Erinnerung geblieben?

 

Wenn ich eine Tätigkeit bzw. ein Thema besonders hervorheben möchte, dann ist es dies die Mandatsbetreuung im Zusammenhang mit KMU-Nachfolgeregelungen. Hier begleiten wir unsere Kunden in einem für sie sehr wichtigen, aber auch emotionalen Abschnitt ihrer beruflichen Karriere, da häufig nach einer jahrzehntelangen, erfolgreichen Tätigkeit der Moment gekommen ist, ihr Lebenswerk und damit das Zepter entweder familienintern an die nächste Generation oder an einen externen Nachfolger zu übergeben. Neben der optimalen rechtlichen und steuerlichen Beratung, die aufgrund meiner Tätigkeit natürlich im Vordergrund steht, sind in solchen Projekten häufig die zwischenmenschlichen Aspekte nicht zu unterschätzen. Es ist sehr spannend zu sehen, wie dieser Prozess auf Kundenseite angegangen wird und wie unterschiedlich «das Loslassen» erfolgt.

Meist liegt die ideale Lösung nicht von vorneherein auf der Hand oder kann in einem Lehrbuch nachgelesen werden, vielmehr besteht unsere Aufgabe darin, den konkreten Einzelfall zu analysieren und anschliessend für den Kunden die bestmögliche Lösung zu erarbeiten. - Michael Schneider, LL.M.

Was schätzen Sie besonders an der Arbeit im Steuerrecht?

 

An der Tätigkeit im Steuerrecht reizt mich insbesondere die Interdisziplinarität an, d.h. das Zusammenspiel von rechtlichen Fragestellungen und betriebswirtschaftlichen Aspekten. Aufgrund des Massgeblichkeitsprinzips, welches besagt, dass grundsätzlich die Handelsbilanz (Bilanz- und Erfolgsrechnung) Ausgangspunkt für die steuerliche Gewinnermittlung bildet, stellen sich beispielsweise im Beratungsalltag fortlaufend auch Fragen zum Rechnungslegungsrecht. Andererseits ist zumindest meine Tätigkeit überwiegend geprägt von Steuerplanung, sprich unsere Klienten kommen mit einem vielschichtigen Projekt oder einer Idee auf uns zu und es gilt, diese steuerlich optimiert umzusetzen. Meist liegt die ideale Lösung nicht von vorneherein auf der Hand oder kann in einem Lehrbuch nachgelesen werden, vielmehr besteht unsere Aufgabe darin, den konkreten Einzelfall zu analysieren und anschliessend für den Kunden die bestmögliche Lösung zu erarbeiten.

 

Was hat Sie dazu motiviert, sich bei der  Gfeller + Partner AG zu bewerben und wie unterscheidet sich die Gfeller + Partner AG als Arbeitgeber von anderen Kanzleien?

 

Nach meiner Rückkehr aus dem LL.M. in Australien stand ohnehin eine berufliche Veränderung an. Es war schliesslich eine glückliche Fügung, dass ich den Weg von Zürich zurück nach Bern gefunden habe. Ein in Bern berufstätiger Kollege hat mich darauf aufmerksam gemacht, dass bei  Gfeller + Partner AG  eine Stelle als Steuerberater ausgeschrieben ist. Schon ab dem ersten Kontakt mit den Vertretern von Gfeller + Partner AG und insbesondere mit dem Steuerpartner hatte ich ein sehr gutes Bauchgefühl, das sich bis heute bestätigt hat. Da Gfeller + Partner AG nebst der Steuerberatung zwei weitere Standbeine hat (Wirtschaftsprüfung und Treuhand), führt dies dazu, dass sich unter unserem Dach eine Vielzahl von Fachbereichen und entsprechend Mitarbeitende mit unterschiedlichem Werdegang vereinen. Diese Heterogenität kannte ich aus meiner Tätigkeit in verschiedenen Anwaltskanzleien systembedingt nicht. Ich empfinde dies als Bereicherung sowohl in persönlicher als auch fachlicher Hinsicht.

Da es DAS Steuerrecht nicht gibt, bietet dieses Rechtsgebiet auch vielseitige Möglichkeiten, sich zu spezialisieren und abhängig der eigenen Präferenzen unterschiedliche Schwerpunkte zu setzen. - Michael Schneider, LL.M.

Welche Ratschläge würden Sie Bewerbenden geben, die eine Karriere im Steuerrecht anstreben?

 

Wer sich für eine Karriere im Steuerrecht interessiert, kann sich auf einen spannenden und abwechslungsreichen Berufsalltag freuen. Da es DAS Steuerrecht nicht gibt, bietet dieses Rechtsgebiet auch vielseitige Möglichkeiten, sich zu spezialisieren und abhängig der eigenen Präferenzen unterschiedliche Schwerpunkte zu setzen (sei es in Bezug auf den Tätigkeitsbereich oder den (privaten oder öffentlichen) Arbeitgeber). Da das Steuerrecht nicht statisch ist und sich fortlaufend weiterentwickelt (sei es auf nationaler oder internationaler Ebene), erfordert die berufliche Tätigkeit in diesem Bereich die Bereitschaft, sich fortlaufend weiterzubilden und so «am Ball zu bleiben». Da wie erwähnt das Steuerrecht zahlreiche Anknüpfungen zu anderen Rechtsgebieten aufweist, ist meines Erachtens eine juristische Grundausbildung (Jus-Studium) ein idealer Ausgangspunkt.

 

Vielen Dank für die interessanten Einblicke in die Welt des Steuerrechts. Wir wünschen Ihnen weiterhin alles Gute!

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