Grundstücke unter der Lupe: Ein Blick hinter die Kulissen des Grundbuchamtes mit Adrian Mühlematter

Der geschäftsleitende Grundbuchverwalter des Grundbuchamtes Oberland erklärt, womit sich das Grundbuchamt auseinandersetzt, was sich aufgrund der Digitalisierung verändern könnte und enthüllt, wieso das Grundbuchamt Oberland plötzlich im Zusammenhang mit dem Ukraine-Konflikt in den Medien stand.


Themen: Grundbuchverwaltung, Notar, Karrieretipps, Ukraine, Grundbuch, KSG, swisstopo, Bundesamt für Justiz, Grundbuchamt Oberland, Kanton Bern.
Informationen zur Person auf Weblaw People: Adrian Mühlematter
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Lesezeit: 4 Minuten.

 

Guten Tag Herr Mühlematter. Können Sie uns etwas über Ihren beruflichen Werdegang erzählen?

 

Nach der Matura mit Schwerpunkt «Wirtschaft und Recht» am Gymnasium Thun (damals noch Gymnasium Thun-Schadau) absolvierte ich das Studium der Rechtswissenschaften an der Universität Bern, welches ich 2009 mit dem Titel Master of Law (MLaw) abschloss. Im Jahr 2011 absolvierte ich das bernischer Notariatsexamen.

 

2011 trat ich als Grundbuchverwalter in den Dienst des  Kantons Bern. Seit 2014 leite ich als geschäftsleitender Grundbuchverwalter (Amtsvorsteher) das  Grundbuchamt Oberland  mit den drei Standorten in Thun (Hauptsitz), Frutigen und Interlaken.

 

Für den Kanton Bern war ich von 2014 bis 2021 Mitglied der Vereinigung der Capitastra-Kantone sowie der Grundbuchinspektorenkonferenz der Zentral- und Nordwestschweiz. Zudem war ich von 2015 bis 2021 Mitglied der Einfachen Gesellschaft Terravis (EGT). Von 2016 bis 2018 war ich deren Präsident und leitete unter anderem die Arbeitsgruppe für den elektronischen Geschäftsverkehr zwischen den Notariaten und den Grundbuchämtern.

 

Seit 2016 bin ich Vorstandsmitglied der  Konferenz der Schweizerischen Grundbuchführung (KSG). Für den Verband war ich in den letzten acht Jahren Mitglied im Think Tank «Dimension cadastre» des Bundesamtes für Landestopografie swisstopo , im Projektausschuss «Grundstücksuche über einen Personenidentifikator im Grundbuch» (GSP) des  Bundesamtes für Justiz  sowie im ChangeBoard für das neue Datenmodell «DM.flex» der amtlichen Vermessung des Bundesamtes für Landestopografie swisstopo. Aktuell engagiere ich mich in der Arbeitsgruppe Vision Amtliche Vermessung des Bundesamtes für Landestopografie swisstopo.

 

In der Lehre bin ich seit 2014 als Dozent für Notariats-, Sachen- und Grundbuchrecht tätig. Zusammen mit meinem Kollegen Stephan Stucki habe ich unter anderem das Buch  «Grundbuchrecht für die Praxis»  im Orell Füssli Verlag herausgegeben.

 

Ist ein Notariatspatent Voraussetzung für eine erfolgreiche Karriere im Grundbuchwesen?

 

Das hängt vom jeweiligen Kanton ab. Im Kanton Bern ist Wahlvoraussetzung für Grundbuchverwalterinnen und Grundbuchverwalter, dass sie über ein Anwaltspatent oder ein bernisches Notariatspatent verfügen. Dies ist eine häufige Voraussetzung in Kantonen mit freiberuflichem Notariat, wie es der Kanton Bern kennt.

 

Wie sieht Ihr typischer Arbeitstag aus und was gefällt Ihnen besonders an Ihrer Arbeit?

 

Auf meiner Ebene gibt es keinen typischen Arbeitstag. Mein Berufsalltag ist geprägt von administrativen und strategischen Elementen. Grundsätzlich kann man aber sagen, dass die typische Grundbuchverwalterin oder der typische Grundbuchverwalter eine Reihe von Geschäftsprozessen zu betreuen hat, wozu insbesondere die selbständige Sachbearbeitung von Geschäftsvorfällen gehört. Dazu gehören die rechtliche Prüfung der jeweiligen Geschäfte, die Beratung externer und interner Kundinnen und Kunden sowie das Controlling.

Persönlich schätze ich, dass die Tätigkeiten in der Grundbuchführung abwechslungsreich sind, aber auch ein hohes Mass an Eigenverantwortung und Selbständigkeit erfordern. - Adrian Mühlematter

Auch die Ausbildung und Betreuung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie der Rechtspraktikantinnen und Rechtspraktikanten gehört zum Aufgabengebiet. Persönlich schätze ich, dass die Tätigkeiten in der Grundbuchführung abwechslungsreich sind, aber auch ein hohes Mass an Eigenverantwortung und Selbständigkeit erfordern.

 

Was macht das Grundbuchamt (bzw. den Kanton) als Arbeitgeber besonders attraktiv?

 

Vieles liesse sich hier anführen, ein grosses Plus sind sicherlich die flexiblen Arbeitsmodelle wie Teilzeitarbeit, Job- und Topsharing sowie Homeoffice, die der Kanton Bern anbietet, um Beruf und Privatleben besser vereinbaren zu können. Insbesondere das Homeoffice wird im Grundbuchamt Oberland sehr geschätzt und kann dank modernster Arbeitsmethoden auch für alle Personalstufen vollumfänglich gewährt werden. Generell ist der Kanton Bern ein grossartiger Arbeitgeber, der seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter fördert und ihnen auch immer wieder Chancen bietet. So bin ich 2015 in die Notariatsprüfungskommission des Kantons Bern gewählt worden, welche ich seit 2020 auch präsidiere. Zudem engagiere ich mich als Mentor für Nachwuchsführungskräfte des Kantons Bern.

 

Zu etwas anderem, das Grundbuchamt Oberland war im Zusammenhang mit dem Ukraine-Konflikt in den Medien. Können Sie uns mehr dazu sagen?

 

Im Jahr 2022 kursierten vor allem in den sozialen Medien Gerüchte, wonach Personen aus dem Umfeld des ukrainischen Präsidenten Grundstücke in Gstaad (Gemeinde Saanen) erworben hätten. Recherchen ergaben jedoch, dass die angeblichen Beweisdokumente, die Grundbuchauszüge, gefälscht waren. Vergleicht man nur schon die Grundstücksnummern der Dokumente mit dem Grundbuch, so findet sich ein Grundstück im Grundbuch gar nicht. Bei einem anderen handelt es sich um eine Liegenschaft, die der Gemeinde Saanen gehört usw.

Schon gewusst?

Anlässlich des 75-jährigen Jubiläums der Konferenz der Schweizerischen Grundbuchführung (KSG) verfasste Adrian Mühlematter gemeinsam mit anderen namhaften Autorinnen und Autoren eine Festschrift.

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Wenn Sie sich die Entwicklung in der Grundbuchführung ansehen, welche Herausforderungen stellen sich für Juristinnen und Juristen vor dem Hintergrund des technologischen Wandels?

 

Auch hier lässt sich die Frage nicht pauschal beantworten, sondern es ist auf die Verhältnisse in den einzelnen Kanton abzustellen. Grundsätzlich dürfte aber die Einführung der elektronischen öffentlichen Urkunde gestützt auf das Bundesgesetz über die Digitalisierung im Notariat nicht nur für das Notariat, sondern auch für die Registerbehörden (Grundbuch- und Handelsregisterämter) die entscheidende Entwicklung der nächsten Jahre sein. Die Herausforderung besteht darin, die dafür notwendige, neu zu schaffende Technologie so zu gestalten, dass sie sowohl für die Kundinnen und Kunden als auch für die Anwenderinnen und Anwender einen echten Mehrwert schafft.

 

Zum Schluss, was ist der beste Rat, den Sie jemals erhalten haben, und welche Ratschläge würden Sie anderen geben, die eine ähnliche Karriere anstreben?

 

Wahrscheinlich war es «Do More of What Makes You Happy». Das kann ich anderen nur empfehlen. Denn, wenn das, was man tut, nicht glücklich macht, sollte man dringend über Veränderungen nachdenken. Das Leben ist schlicht und einfach zu kurz.

 

Vielen Dank für die spannenden Einblicke in das Grundbuchwesen. Wir wünschen Ihnen alles Gute!

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